Stories

Juni 2003

In den letzten Monaten überraschte mich das Album "Sphinx" der Band Melechesh mit am Meisten durch die Frische, mit der orientalische Melodien und harter Metal miteinander verbunden wurden. Daher war es an der Zeit den talentierten Herren einmal auf die Finger zu schauen. Moloch, der Mann des Sechssaiters antwortete...

Kannst du euren Stil - Mesopotamischen Metal - dem Leser in Bezug auf Musik und Texte etwas näher bringen?

Mesopotamian Metal definiert einfach den ganzen Stil von Melechesh, es ist extremer Metal (Black/Death/Thrash), der von der Musik und dem Feeling des mittleren Ostens und auch der angrenzenden mediterranen Gebiete geprägt wird. Es bedeutet, dass das Schlagzeug Rhythmuselemente enthält, die traditionell von Percussioninstrumenten übernommen werden, das gleiche gilt für den Sound, die Leads und das allgemeine Gitarrenspiel. Daher greifen wir auf den Namen Mesopatamia zurück, auch wenn er im geographischen Sinne nur auf eine bestimmte Region im heutigen Irak, südlich der Türkei zutrifft. Aber die Musik ist und bleibt extremer Metal, wir stellen nicht einen Stil vor den anderen, das ist einfach unser Gefühl wie Metal gespielt wird. Die Lyrics handeln von unseren Vorfahren, dem Mesopotamischen Glauben, Mythen und der Geschichte...

Ihr mischt arabische (Ich hoffe das man dies sagen kann) Melodien in ungewöhnlicher Form mit E-Gitarrenmusik. Normalerweise gilt, hier das Keyboard, dort die Gitarre. War es eine flüssige Entwicklung zu diesem Punkt oder war es eine bewusste Absetzung von anderen Bands?

Es entwickelte sich einfach ganz natürlich. Ich denke, dass man mehr Atmosphäre schaffen kann, wenn man weiß, wie man die Gitarre und das Schlagzeug benutzen muss, als wenn man nur ein paar Keyboardeffekte hinzufügt, obwohl es manchmal auch ganz nett sein kann. Ich denke du sprichst genau den Punkt an der Melechesh von anderen Bands unterscheidet, wir wollen eine ähnliche Atmosphäre schaffen, aber mit anderen Mitteln, nicht nur durch Keyboardzusatz. Dadurch behalten wir unsere Originalität, bleiben zudem eine harte Metal Band und werden nicht als Folk Metal bezeichnet. Der Begriff "Arabisch" ist für vieles in dieser Region zwar zutreffend, ich bevorzuge aber den Ausdruck Middle Eastern oder Mediterranean.

Warum seid ihr in das Los Angered gegangen? Habt ihr zusammen oder nacheinander aufgenommen?

Wir wählten das Los Angered, weil wir die Aufnahmen von Andy LaRoque mögen. Und auch weil Andy Gitarrist ist und jemand der sehr viel Erfahrung in diesem Bereich hat, er half uns sehr viel weiter was die Produktion und die Aufnahme des Albums betraf. Wir nahmen aber nicht live auf, sondern einer nach dem anderen, wie du sagst. Unsere Musik ist sehr komplex, da manche Songs vier Gitarren gleichzeitig besitzen, so was kann man eben nicht machen, wenn man live aufnimmt. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese Songs nicht Live zu spielen sind, im Gegenteil!!

Was sind denn eure metallischen Einflüsse?

Mercyful Fate, Bolt Thrower, Mayhem, Slayer, Morbid Angel, Candlemass, Dark Throne... Das sind alles Bands, die wir häufig hören, von denen aber keine uns direkt beeinflusst, das geschieht eher unbewusst.

Ihr habt früher in Israel gelebt, seid aber nicht dort geboren? Könnt ihr ein wenig mehr über euren persönlichen Hintergrund erzählen?

Wir lebten in Israel, einige von uns sind auch dort geboren, keiner von uns ist aber Israeli, die Band ist ziemlich international. Ashmedi (g/v) ist Assyrer/Armenier, Al'Hazred (b) ist Ukrainer, Proscriptor (d) ist Schotte/Amerikaner und ich bin Assyrer/Palästinenser... Die Band wurde in Jerusalem/Bethlehem gegründet, aber wir leben jetzt seit 1998 in Holland und Frankreich. Um es klar zu sagen Melechesh ist keine israelische Band!! Wir kamen zu dieser Musik, weil die Rhythmen und Sounds, die wir in unsere Musik mischen, zuhauf um uns herum waren. Wir suchten einen Weg die Mesopotamische Kultur musikalisch zu portraitieren und wir denken, dass wir diesen Weg auch gefunden haben.

Wie kam denn Proscriptor in die Band, es ist ein weiter Weg von Texas nach Holland?

Wir waren mit ihm schon lange Zeit in Kontakt, und als wir "Djinn", unser zweites Album, aufnehmen wollten, brauchten wir einen Schlagzeuger. Sobald er davon hörte, bewarb er sich für diese Arbeit, und seitdem ist er ein Teil der Band. Es ist vielleicht hart, dies geographisch aufrecht zu erhalten, aber er passt musikalisch, wie auch geistig, was uns sehr wichtig ist, total in unsere Band. Wir werden sehen was passiert, bis jetzt hat während dieser beiden Alben alles sehr gut funktioniert.

Da ich völlig neu bin in diesem Gebiet, gibt es heutige Verbindungen zwischen dem Islam und den sumerischen Mythen oder gibt es eine klare Trennung?

Nein, es gibt Verbindungen. Die mesopotamische Kultur hinterließ Spuren im Judentum, Christentum und dem Islam, weil eben alle diese Religionen in diesem Teil der Welt entstanden. Einige Teile der Bibel sind beispielsweise direkt aus der mesopotamischen Mythologie entnommen, etwa die Geschichte von Noah und der Sintflut, es gibt dort exakt die gleiche Geschichte, nur das Noah Utnapishtim und der Gott Enlil anstatt Jehovah heißt. Mesopotamien ist die Wiege der Zivilisation, daher hat es überall Spuren hinterlassen.

Befürchtest du, dass als Konsequenz des Irak-Krieges viele Überreste dieser Kultur gestohlen oder sogar zerstört werden?

Unglücklicherweise geschieht das, vieles verschwindet, da einige Menschen einfach nicht den Wert dieses Erbes sehen und das ist eine Schande. Ich denke, dass die Iraker selbst die ersten sind, die das frustriert.

Werdet ihr bald auf Tour gehen, es ist vielleicht nicht so einfach zu koordinieren?

Wir touren hoffentlich für dieses Album, es ist ein Muss, zudem auch leichter zu koordinieren als Einzelauftritte, da wir uns einfacher zusammenfinden und proben können, und nicht die ganze Arbeit auf einen Auftritt verwenden müssen. Wir haben 1998 zum letzten Mal live gespielt und es wird Zeit wieder auf die Bühne zu gehen und unseren Geist freizulassen.

Wie funktioniert das Proben in eurer Band?

Wir proben eben nicht als Band, sondern üben jeder für sich, aber ich fahre oft nach Holland, um mit den anderen Mitgliedern zu jammen und zu proben. Nur vor den Aufnahmen oder Auftritten proben wir gemeinsam.

Kannst du etwas über die Metal Szene in Israel erzählen? Ist das dort tiefster Underground oder ist es "etabliert" wie hier in Holland oder Deutschland?

Ich weiß nicht viel von der israelischen Szene, da ich wie gesagt bereits seit einiger Zeit nicht mehr dort lebe, daher weißt du möglicherweise genauso viel wie ich darüber! Es gibt dort einige Bands, aber die sind bei weitem nicht so etabliert wie hier in Europa, da dort solche Musik überhaupt nicht wahrgenommen wird. Aber kürzlich haben sich die Dinge etwas gebessert, einige Bands bekamen Verträge, spielten außerhalb des Landes und es wurde ein eigenes Label gegründet (Raven Music).

Die beste Rock'n'Roll Geschichte, die dir jemals passiert ist?

Als ich noch in Bethlehem lebte, musste ich jeden Tag einen Checkpoint überqueren, um die Stadt zu verlassen. Einmal saß ich in einem öffentlichen Taxi und fuhr nach Jerusalem. Ich trug ein Melechesh-Shirt. Ein Soldat stoppte das Taxi und kontrollierte jeden. Als er mich und mein Shirt sah, sagte er: "Shit I love that band, I saw them live twice and they kicked fucking ass". Ich antwortete nicht, aber innerlich lachte ich: Welche Ironie, dass ein Soldat zu meiner eigenen Musik bangte und nun im täglichen Leben, eine "falsche" Autorität über mich besaß.

Die fünf besten Releases, mit einem kurzen Kommentar?

1. Mercyful Fate - Alles: Ohne Kommentar, die Musik spricht für sich.
2. Morbid Angel - Covenant: Das Album ist so böse, das Gitarrenspiel außergewöhnlich.
3. Immolation - Close To A World Below: Eines der dunkelsten und brutalsten Alben, die je eingespielt wurden, ich bin immer noch nicht darüber hinweg.
4. Slayer - Reign In Blood: Muss ich mehr sagen?
5. Mayhem - De Mysteriis Dom Sathanas: Mein absolutes Lieblings-Black Metal Album.

Deine letzten Worte:

Danke für das Interview, nur um die Fragen und Themen zu vertiefen, die wir besprochen haben; es gibt eine CD Rom auf dem "Sphinx" Album, wo unsere Texte erklärt werden, mit Tabulatoren, einem Videoclip vom zweiten Album ('Genies, Sorcerers And Mesopotamian Nights'), Fotos usw. Außerdem gibt es unsere Homepage www.melechesh.com.

Christian Kremp