Konzerte

Gotthard, Foreigner
DAD, Golden Earring, Russ Ballard, Suzi Quatro, Nektar, Jane, Guru Guru, Hole Full of Love, Pump

30.Juli bis 31.Juli 2010

Das Billing des diesjährigen Rock Of Ages stellte sich vor allem für ältere Semester wie mich ausnehmend gut dar...

Freitag, 30.Juli:


Samstag, 31.Juli:


Den Anfang am Nachmittag des 30.Juli machten meine alten pfälzischen Bekannten von TranceMission, ehemals Trance. Wer erinnert sich nicht noch mit Freude daran, als die Pfälzer mit Alben wie "Power Infusion" (Gitarrenkabel als Infusionskabel im Arm! Oberkultig!) zur Speerspitze der damals noch massiv in den Kinderschuhen steckenden Prä-Thrashmetal-Szene gehörten. Natürlich sind die Kerle (wie ich...) mittlerweile in die Jahre gekommen, aber ein sattes Pfund können sie immer noch bewegen und bekamen an diesem Tag mehr als freundlichen Applaus, auch wenn die Vorstellung nicht durchgehend tight war!

Danach für mich das erste absolute Konzerthighlight des Tages. Mani Neumeier gehört zweifelsfrei zu den absoluten Urgesteinen der deutschen Rockmusik. Der Althippie, der immer noch mit seiner Kommune im Odenwald lebt, setzte in den letzten vier Jahrzehnten immer wieder spezielle Konzert- und LP-/CD-Höhepunkte in meiner musikalischen Biographie. Nun möchte er nach über 40 Jahren das Kapitel Guru Guru für immer beenden. Das ist unendlich schade, denn die Songs machen auch heute beim Festival immer noch erheblich Spaß und sind bei aller musikalischer Komplexität immer auch witzig und souverän vorgetragen - auch ganz weit jenseits vom berühmten "Elektroluch" (Ihr wisst schon, der hinter der Lüsterklemme wohnt!). Natürlich kommt die Textzeile "Was wollt Ihr denn eigentlich später mal machen...", wenn sie an 65-jährige Musiker gerichtet ist schon saukomisch rüber! Von einer ganz anderen Baustelle beglückten danach die kampferprobten dänischen Recken von D-A-D das Publikum. Auch hier gibt es eine Spaßrocker-Vergangenheit zu bejubeln, während sich das neuere Schaffen der Herren Jesper nebst Mitmusikern eher als seriöse Rockgruppe versteht. Aber es verwunderte nicht, dass es eben doch die frühen Klassiker waren (wie eigentlich immer!), die den sattesten Applaus eingefahren haben. Dazu passend wurde auch der uralte Name auf dem Backdrop wieder vorgeführt: Disneyland After Dark. Gäbe es eine Weltmeisterschaft im Posen, D-A-D kämen locker ins Finale!

Somit kommen wir zum vorletzten Top Act des Tages. Im Fußball mag man den Beiträgen unserer westlichen Nachbarn aus dem Land der Windmühlen und Holzschuhe mit verdammt gutem Recht kritisch gegenüber stehen. Aber sie haben definitiv die dienstälteste und auch die dienstälteste in unveränderter Besetzung agierende Rockband des Planeten: Golden Earring (1961 als The Tornados gegeründet, seit 1969 in identischer Besetzung!). Und diese Routine paart sich seit Jahrzehnten mit einer unglaublichen Spielfreude, die uns in Deutschland leider viel zu oft vorenthalten wird. Ich habe die Band zuletzt vor 21 Jahren gesehen - und das ist definitiv viel zu lange her! Barry Hay (Vocals, Flöte, Gitarre), George Kooymans (Vocals, Gitarre), Rinus Gerritsen (Bass, Keys) und Cesar Zuiderwijk (Drums) (wenn Ihr könnt, kauft Euch unbedingt Cesar Zuiderwijks nur in Holland erschienene DVD (in holländischer Sprache) "Slagdroom" - was dieser Kerl an Comedydrumming abzieht ist eine Klasse für sich!) spielen nach all den Jahren in einer ganz eigenen Liga. Und natürlich wurde der 1973er Megahit 'Radar Love' enthusiastisch von der begeisterten Menge abgefeiert! Dazu aber auch völlig unerwartete Juwelen wie 'Leather' (von "Grab It For A Second", 1978), bei dem die Band von einem jungen Slidegitarristen aus den USA unterstützt wurde und 'They Dance' ("The Hole", 1986), bei dem der langjährige Freund der Band, Bertus Borgers, am Saxophon aushelfen durfte. Auch das ewig nicht mehr gespielte 'Eight Miles High' inklusive Bass und Drumsolo wurde frenetisch gefeiert, dazu noch 'Back Home' mit seinen Flöteneinlagen. Klasse! Zugabe war dann noch der 1971 nur auf Single erschienene Hardrocker 'Holy, Holy Life'. Eine schöne Überraschung.

Gotthard gehören seit gut zwanzig Jahren (mein Gott, sind die jung im Vergleich zu Golden Earring!) zu den Aushängeschildern in Sachen traditioneller Hardrock der bluesigen Schule. Nach einigen Jahren im etwas seichteren AOR Lager (mit trotzdem herausragenden Songs) hat man mittlerweile das Gaspedal wiederentdeckt uns machte davon auch beim ROA reichlich Gebrauch. Das änderte jedoch nichts daran, dass Leo Leoni und Steve Lee im Mittelteil eine gemütliche Lagerfeuerrunde mit akustischen Balladen vorlegten. Trotzdem: Der musikalische Kompass zeigt wieder eindeutig in Richtung Hardrock. Die Fans feierten die Band zu Recht lautstark ab.

Der zweite Tag begann mit sonnigem Wetter und die doch etwas grenzwertigen Bodenverhältnisse (Motto: Fangopackungen für die Schuhe!) besserten sich stündlich. Den Anfang machten die Schwaben von Pump, die mit ihrem soliden Hardrock die schon erwachten paar Fans beglückten. Danach gaben Hole Full Of Love für eine Stunde AC/DC Songs aus der Bon Scott-Phase zum besten, dazu noch einen eigenen Song, der wie ein Outtake zu "Powerage" geklungen hat. Unfreiwillig komisch das Outfit des Angus Young Darstellers, der in seiner viel zu kleinen Schuluniform und dem XXXL Körper so gar nicht wie das Original wirken wollte.

Danach wurde es musikalisch anspruchsvoll, auch wenn die Partytauglichkeit dabei ein wenig auf der Strecke blieb: Nektar überzeugten musikalisch auf der ganzen Linie, auch wenn viele der jüngeren Festivalbesucher mit den komplexen zum Teil 20-minütigen Nummern überfordert waren. Aber der 'King Of Twilight' wurde trotzdem frenetisch abgefeiert. Danach enterten Peter Pankas Jane, die mittlerweile zum Sextett angewachsen sind, die Bühne. Normalerweise mag ich diese Band sehr gerne, aber an diesem Tag spielten sie eher kraftlos. Da konnte auch die relativ große Hitdichte nichts dran ändern. Im Gefolge überzeugten Axxis auf der ganzen Linie. Die Show war musikalisch klasse und die Ansagen waren voller Selbstironie und spielten auf das Image der Band aus der Glamzeit an und was eben in den letzten gut zwanzig Jahren so alles an körperliche Veränderungen bei den Musikern stattgefunden hat. So haben die alten Melodic Metaller noch lange eine Existenzberechtigung.

Vielen Konzertbesuchern mag der Name des nächsten Beitrags nicht unbedingt viel gesagt haben. Aber mit Russ Ballard stieg ein zwar körperlich kleiner, jedoch an Hitdichte kaum zu toppender Interpret auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Und so ließ es sich der Mittsechziger, der noch erstaunlich jugendlich rüberkommt, nicht nehmen...
a) mit seinem Alter zu kokettieren ("I formed my first band with our drummer Bob Henrit in 1959...") und
b) fast jeden Song mit den Worten "I wrote this song for..." (und dann wahlweise Ace Frehley, Kiss, Rainbow, Hot Chocolate, etc.) einzuführen.

Natürlich ließ er auch seine größten Solohits 'Voices' und 'On The Rebound' genauso hören wie die besten Nummern seiner Progressive Hardrockband Argent ('God Gave Rock & Roll To You', 'Hold Your Head Up'). Dazwischen immer nette Anekdoten und der Ausspruch, der spätestens die Herzen der Zuhörer gewann: "Germany deserved to be world champion in football. You had the best team!" Der Mann weiß, wie man sich beliebt macht!

Der nächste Auftritt in Gestalt von Suzi Quatro ließ mich relativ ratlos zurück. Natürlich fand ich sie damals in ihrem hautengen Lederanzug echt knackig. Aber die Anwesenheit einer kompletten Hornsection zeigte von Beginn an unmissverständlich, dass es in Richtung Oldienacht gehen würde. Und so verwunderte es mich nicht weiter, dass auch Songs wie 'Rock Hard', '48 Crash' oder 'Wild One' irgendwie weichgespült klangen. Das hätte besser zu einer Baumarkteröffnung gepasst.

Das verdiente Highlight waren aber Foreigner. Die Urväter des Melodic Rock zeigten den Jungspunden, dass die Betonung dabei durchaus auf "Rock" liegen kann. Die Setlist entsprach fast genau der vor einem halben Jahr in Frankfurt gespielten und braucht daher nicht mehr ausgiebig wiederholt zu werden. Kelly Hansen hat sich mittlerweile das Buch "Bühnenpräsenz wie Steven Tyler leicht gemacht" komplett draufgeschafft und das ist gut so. Er zog alle Register seines Könnens, kletterte die Lichttraversen hoch, nahm einem der Kameramänner, die die Show zu späteren DVD-Zwecken filmten, die Kamera weg und filmte damit eine Minute lang selbst. Coole Band, die ganz großes Rockkino bot. Hammer!

Ein kurzes Fazit: leider waren die Besucherzahlen ein wenig bescheiden, was wohl dem zumindest freitags miserablen Wetter geschuldet war. Aber das durchgehende Feeling beim ROA war sensationell und auch auf dem Campingplatz gab es keine 24-Stunden-Dauerbeschallung. Relaxte Fans, mit ordentlich Spaß in den Backen, gute Organisation und freundliches Personal. Überall lernte man ganz schnell supernette Leute kennen und auch für die Kinder war mit einem eigenen Spielbereich, Ohrenschützern und eigenen Merchandisingständen gesorgt. So müssten mehr Festivals sein!

Frank Scheuermann