Feuer und Eis Festival
Alsfeld
26.10.2013
Schon im Vorfeld war ich etwas verwirrt: Alsfeld? Hatte ich im Vorfeld nicht was von Adelsfeld gelesen? Ja, ich hatte, nichtsdestotrotz hatte mein Begleiter Recht, denn das Feuer und Eis ist umgezogen. Und so ging es am Samstag auf in die Stadthalle Alsfeld. Zum 5. Geburtstag hatten sich die Veranstalter nicht lumpen lassen. Hatte man im Vorjahr noch darüber spekuliert vielleicht etwas kürzer zu treten, so zeigte die Bandankündigung schon, dass es beim guten Vorsatz geblieben war.
In Alsfeld angekommen hatten wir Glück, noch einen recht guten Parkplatz zu ergattern. Zwar war das Parkangebot an und für sich reichlich, hatte man doch schon mit den ersten Reservierern zu kämpfen, die in guter deutscher Strand-Mentalität teils schon mal 3 Plätze für Leute „die noch kommen“ reservierten. Nach einem kurzen Plausch mit der gutgelaunten Secu gings ab ins Getümmel. Merch und Verköstigung waren gut vertreten, doch man war ja zwecks der Musik gekommen, und so ging es flugs in die Halle, wo „Fahrlässig“ sich bereits ans Werk gemacht hatten. Ein gut geölter Bass empfing uns und die Jungs auf der Bühne zeigten sich bemüht, die Menge zum Kochen zu bringen. Lieder wie „Nur ein Kuss“, „Für dich“ und „Die Besten“ zogen bereits die erste Meute von draußen rein.
Als „Mephasin“ die ersten Klänge von „Ehrlich und laut“ anstimmten, hatte sich die Halle schon gut gefüllt. Im Vergleich zu den Vorgängern zog der LJ jetzt das volle Programm durch: Strobolichter, Nebel, blau-violette Beleuchtung (was bin ich froh, dass ich an diesem Tag nicht fotografieren musste...). „Der Fehler im System“, „Jungs von nebenan“ und „Ich lass dich gehen“ rockten, ehe mit „Burnout“ zum Schluss angestimmt wurde.
Es folgten die Jungs von „Herzlos“, die es sich nicht nehmen ließen den klassischen AGF-Geburtstagssong zu bringen, diesmal halt mit dem Update auf die aktuelle Jahreszahl: „6 Jahre Nummer Eins“. Wenig überraschend, dass die Menge da gerne mitmachte. Die Setlist umfasste Lieder wie „Kreuzfeuer“, „Papis Prinzessin“, „Böser Geist“ … Mooooment. Hatten wir doch schon mal, oder? Nach einem kurzen Blick ins Büchlein stellte sich heraus, dass die Jungs im Großen und Ganzen dem Set folgten, dass sie im April bereits als Vorgruppe von Matt „Gonzo“ Roehr absolviert hatten. Okay, kommt vor, aber etwas enttäuscht war ich dann doch, nichts Neues geboten zu kriegen, immerhin spielen die Jungs auch schon eine Weile – Material genug wär doch da. Umso erfrischender waren die beiden Einlagen, die geboten wurden: „Stand by me“ und der Puddle of Mudd-Klassiker „She hates me“. Einzige Bitte an die Jungs: Bitte, bitte, lasst den Ansagenquatsch („So, jetzt setzen sich alle mal hin...“) - solche Pseudobespaßung hat man in eurer Klasse nicht mehr nötig. Zum Abschluss gabs mit „Saufen für den Regenwald“ nochmal einen Grund für alle, sich an den Getränkeständen zu verköstigen.
Es folgte eine kleine Überraschung, denn Yvonnes Bühnenbegleitung wirkte etwas – ungewohnt. Waren das nicht die Jungs von „Störte Priester“? Eine kurze Ansage klärte das Ganze dann recht schnell. Die restlichen Mitglieder von „Viva La Tia“ hatten noch mit dem Verkehr zu kämpfen, so dass „Störte Priester“ sich kurzfristig bereit erklärt hatten, den Slot zu füllen. Einfach und unkompliziert – so etwas hört man als Festivalbesucher gerne.
Doch auch auf Seiten der Priester wartete eine Überraschung auf uns. Da fehlte doch jemand. Und nach dem ersten Song „Rock aus der Hölle“ bestätigte man in der Tat, dass Mina sich im Vorfeld von der Gruppe getrennt hatte und obwohl geplant war, dass sie das Feuer und Eis noch durchziehen würde, fehlte sie an diesem Tag krank. Passend dazu machte man mit „Sie ist abgehauen“ weiter – selten hat ein Song so wie die Faust aufs Auge gepasst.
Man sah es der Gruppe deutlich an, dass die Umstände aufs Gemüt schlugen. Schlimmer noch, man hörte es leider auch. Womöglich hat eine schlechte Abmischung das Ganze noch verstärkt, aber bei den ersten Liedern war es teils recht schwer, etwas zu verstehen. Und obwohl durchaus auch Kracher wie „Männertraum“ oder „Feuer, Schnaps, Benzin“ ausgepackt wurden, zeigten sich die Priester hier deutlich unter ihrer normalen Form.
Nun folgten „Viva La Tia“, die ihre Anreise endlich hinter sich gebracht hatten. Über mangelnde Unterstützung der Fans konnte man sich bei Songs wie „Gib mir meine Kugel zurück“, „Klassifiziert“ oder „20000 Gigaherz“ nicht beschweren. Allerdings wirkte Yvonne etwas angeschlagen, womöglich war es aber auch nur die vorherige Anspannung, ob die restlichen Bandmitglieder es auch rechtzeitig schaffen würden.
Spätestens nun sollte die Stimmung zum Kochen kommen, denn „Rotz&Wasser“ gaben schon mit dem Opener „Unpolitisch Unbequem“ einen Ausblick auf das, was kommen sollte: Stimmung. Ob „Leben lassen“, „Nutten, Koks und Kaviar“ oder „Ann-Cathrin aus Berlin“ - die Fans kamen auf ihre Kosten und die Halle war voller als bei jeder anderen Band, die vorher gespielt hatte. Wen wundert's, brachten die Jungs doch eine Spielfreude mit, die ihresgleichen sucht. Und so kam es, wie es kommen musste: trotz bereits überzogener Spielzeit wurde nach kurzer Ansage an den Veranstalter („Sorry Veranstalter, werft uns halt raus oder ladet uns nicht mehr ein“) noch eine Zugabe zum Besten gegeben. Tja, so blöd dürften die Veranstalter dann hoffentlich nicht sein, denn es war gut in die Stimmung der Meute investierte Zeit, die auch die letzten Muffel in Hochstimmung versetzt haben dürfte.
Weiter gings mit „Die Bonkers“, die auch gleich in die selbe Kerbe schlugen, wie „Rotz&Wasser“ und die Stimmung weiter hoch hielten. „Keine Gnade Saufgelage“, „Zusammenhalt hält uns zusammen“ oder auch „Wehende Fahnen“ machten deutlich, dass die Party weiter gehen sollte. Dass die Jungs sich zudem nicht übermäßig ernst nehmen, zeigte die kurze Biene Maja-Einlage, die stilecht mit Kostüm absolviert wurde. Zum Abschluss gabs nochmal „Reeperbahn“ - naja, die ersten 45 Sekunden, mehr gab die Spielzeit dann doch nicht her, denn Saitenfeuer warteten bereits auf die Bühne.
Ob es nun an der bereits aufgeheizten Stimmung lag oder sie einfach nur einen guten Tag erwischt hatten, aber die Jungs zeigten sich souverän wie selten. Eine bunte Mischung aus Liedern aus dem aktuellen Album und einigen Saitenfeuer-Klassikern sorgte dafür, dass das Publikum mit Leib und Seele dabei war und auch der Pit-Aufforderung nur zu gern folgte. Auch Saitenfeuer ließ es sich nicht nehmen, etwas aufzulockern, in diesem Fall mit dem White Stripes-Hit „7 Nation Army“. Ein kleiner Wermutstropfen war der Lightjockey, der den Fotografen wohl die Tränen in die Augen getrieben hat.
„Unherz“ stürmten nun die Bühne. „Schmerz, neu definiert“ dürfte wohl für den einen oder anderen in der Menge wörtlich zu nehmen gewesen sein, denn jetzt wurde es eng, verschwitzt und laut. Die Fläche vor der Bühne kochte, und die Pfälzer ließen es sich nicht nehmen, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, indem ein Onkelz-Klassiker zum Besten gegeben wurde. Als ob das nicht genug wäre, hatte man sich niemand anderen als Pe mit auf die Bühne geholt, der „Auf gute Freunde“ mit anstimmte. Und auch an der Klampfe zeigte sich ein neues und doch vertrautes Gesicht – Ferdy Doernberg, der erst vor kurzem mit einem anderen Ex-Onkel auf der Bühne stand. Die Stimmung war riesig, aber lieber Pe: Auch wenn man nicht alle Texte im Kopf haben kann – bei so einem Klassiker sollte der Text schon sitzen. Nach so einem Einstieg war das restliche Set praktisch belanglos – die Jungs hätten wahrscheinlich wirklich alles spielen können, die Menge gehörte ihnen schon. Dabei wurden auch mal die leiseren Töne angeschlagen, ehe es mit „20.000 Freunde“ ein Ende fand.
Es folgten „Unantastbar“, die mit „Kämpft mit uns“ bereits eine klare Ansage machten: Nix mit Stille, ein Lärmgewitter war angesagt. Ob „Schuldig“, „Knast der Liebe“, „Das Stadion brennt“ oder „Neuer Morgen, Neuer Tag, Neues Glück“, es ging furios weiter, ehe mit „Danke“ die Zugabe eingeläutet wurde. Genial, die Südtiroler Punkrocker wussten genau, wie man ein Publikum auf Trab hält.
Aber von Halten kann hier keine Rede mehr sein, denn es ging hart aufs Finale zu. „Krawallbrüder“ enterten die Bühne – und deren Fans die Tanzfläche, um sie in eine große Moshpit zu verwandeln. Aber auch jenseits der Tanzfläche wurde es mittlerweile kuschelig, die Besuchermenge machte unmissverständlich klar, dass spätestens jetzt die Bands anstanden, für die man sich auf die Reise hierher gemacht hatte. Lediglich die Abmischung hätte besser sein können. Schon klar, man ist nicht in der Oper, aber teils war es schon arg schwierig, den Sänger noch zu verstehen. Das spielte aber keine große Rolle mehr, denn die Jungs aus dem Saarland rockten mächtig ab und ließen dem Publikum überhaupt keine Zeit, zu Atem zu kommen. Als zum krönendem Schluss „Ein wahrer Freund“ angespielt wurde, hatte man wirklich alle eingefangen. Es bot sich ein Meer von mitsingenden Jungs und Mädel dar und beim einen oder anderen sah man doch tatsächlich die Augen feucht – oder war es nur das Licht?
Nach so einem Schlussauftakt – die Top 3 waren ja schon hereingebrochen – gings mit Serum 114 weiter. Was soll ich sagen: auf dem Pfeffelbach waren sie göttlich, hier noch mehr, sofern da überhaupt noch Steigerung drin ist. Esche hatte zwar diesmal keinen Turm zum Entern, sprühte aber vor Spielfreude. „Ich lass Scherben zurück“, „Lass uns Feinde sein“ oder „Hängt sie höher“ konnten sich locker in die Herzen der Zuschauer spielen. Gegen Ende des Auftritts merkte man dann aber doch, dass sich der Zuschauerdruck in der Halle legte. Ob die Leute nun die Zeitumstellung zuhause verbringen wollten oder ob man sich sagte, dass man gesehen hatte, was man sehen wollte, blieb erst mal offen.
Als „Kärbholz“ schließlich auf der Bühne standen, zeigte sich, dass meine Sorgen unbegründet gewesen waren, denn mittlerweile begannen sich die gelichteten Zuschauerreihen wieder zu erholen. Und so blieb den Jungs ein Gig vor fast leerem Haus erspart, ein Schicksal, das schon so manche Band auf dem letzten Setplatz ereilt hat. Ganz im Gegenteil, das Publikum zeigte deutlich, dass man teils extra für „Kärbholz“ angereist war – bei so einer Fanbase ließen sich die Deutschrocker dann auch nicht lang bitten und lieferten einen Abschluss, der sich gewaschen hat.
Insgesamt ein geiles Festival. Klar, ein paar Fragen bleiben immer: Warum man keine Pfandbecher genommen hat, zum Beispiel. Nicht, dass es mich gestört hat, dass ich mal nicht nach Pfandmärkchen kramen muss, aber nach einem langen und für manche Fans feuchten Abend sah die Halle auch entsprechend aus. Wer sich gegen Ende einen Stehplatz an der Wand ergattert hat, der musste sich erst mal Platz in der Becherflut schaffen und auch in der Halle gewohnte man sich besser einen schlurfenden Gang an – oder legte sich effektvoll lang. Klar, zum Flair passt es natürlich deutlich besser als ein gebohnerter Boden, aber man kann nur Mitleid mit der Räumcrew haben. Ob die neue Location den Zuschauermassen auch künftig standhalten kann, muss sich noch zeigen. Gerade bei den letzten Bands kam die Halle doch merklich an ihre Grenzen. Man will ja den Teufel nicht an die Wand malen, aber bei einem Brand hätte es wahrscheinlich schnell zu Szenen a la Duisburg geführt – da muss man vielleicht noch nachbessern. Ein letzter Tipp an die Veranstalter: So dankbar ich auch für die Möglichkeit war, auf dem Balkon zu rauchen – die Balustrade ist zu niedrig. Manchem (angetrunkenem) Fan, der sich dort niederließ, dürften nur die Mitbesucher vor einem unangenehmen Sturz und einer noch unangenehmeren Landung ein paar Meter tiefer bewahrt haben. Das zeigt a) dass ihr ein geiles und rücksichtsvolles Publikum habt und b) dass man an dieser Stelle dringend eine Sicherung anbringen sollte.
Bilder vom Festival findet ihr wie immer auf unserer Bilderpage: www.evilrockshard-gallery.net
Eure Roadcrew
KoJe und Car Sten