Konzerte

Kamelot
Epica, Kotipelto

28.März 2005

Es ist 19:40 Uhr, wir befinden uns in der Aschaffenburger Innstadt vor dem niedlich in der Fußgängerzone gelegenen Colos Saal. Etwa 30 Gleichgesinnte mit entsprechenden Metalkluften warten mit uns, dass endlich die Tür zur Halle aufgeht und man sich wunderbar an einen der 6 bis 8 Tische im rund des Konzertsaals stellen kann und sein Getränk schlürfen kann. „Wo sind die denn alle, es ist doch schon kurz vor 20:00 Uhr“ höre ich von meinem Redaktionskollegen und wundere mich selbst über den schwachen Zulauf. Als es dann endlich in die Halle geht und die erste Band Epica anfängt zu spielen ergibt sich uns ein kaum verändertes Bild: Gähnende Leere im Raum. Trotzdem herrscht gute Stimmung in den zwar dünnen aber anscheinend hochklassig besetzten ersten Reihen; Grund dazu war ja auch gegeben, da ein vielversprechendes Intro den Weg auf die Bühne für Epica ebnete…

Als Frontfrau Simone Simons die Bühne betritt herrscht Jubel und allen war klar: Hier gibt’s nicht nur was für die Augen, nein auch ein Sahnestück für die Ohren. Songs wie ‚Elysee’ oder vom aktuellen Album ‚The Last Crusade’ lockten doch viele Leute in den Konzertsaal, so dass dieser sich zu füllen begann. Besonders letztgenanntes ‚The Last Crusade’ wusste durch einen starken Refrain und einer bezaubernden Melodie zu verzücken, in diesem Lob aber  keineswegs zu kurz kommen dürfen ebenso nicht ‚Follow The Cry’ und das mit einer unglaublichen Stimmengewalt und Facettenreichtum von Frontschönheit Simone ausgestattete ‚Facade Of Reality’ vom 2003’er Album „The Phantom Agony“. Schade war, dass der Auftritt von Epica „nur“ 40 Minuten von 20:00 bis 20:40 Uhr dauerte, da man der kompletten Band den Spaß auf der Bühne ansah und nicht nur wir gerne mehr gesehen hätten. Sei es drum, nach dem Gothic-Kracher ‚Cry For The Moon’ war leider Schluß und das Drumkit wurde ummodelliert für einen uns wohlbekannten Kollegen, den wir von einer großen Band als Frontmann kennen und lieben gelernt haben…

Nach dem gelungenen Auftakt durch Epica stand neben Kamelot der zweite große Name des abends auf dem Prüfstein: Timo Kotipelto. Ich halte den Finnen wahrlich für einen Ausnahmesänger und sehe ihn auch live sehr gerne - aber nur mit Stratovarius. Weder die beiden Soloalben noch die Livegigs der Vergangenheit wussten zu überzeugen. Diese Erfahrungswerte wurden auch an diesem Abend wieder mal bestätigt. Kotipelto hat eine wirklich gute Band am Start mit hervorragenden Musikern; Nützt aber alles nix, wenn das Songmaterial bestenfalls Durchschnitt ist. So konnten weder ,Coldness Of My Mind’ ,Reasons’ noch ,Evening Fall’ voll überzeugen. Am besten gefiel mir noch die Ballade ,Take Me Away’,  alles in allem ein bisschen wenig für einen 40 Minuten Auftritt. Zwei mal brachte der Finne die Stimmung jedoch zum Kochen: ,Hunting High And Low’ sowie der Abschlusstrack ,Black Diamond’ wurden frenetisch abgefeiert. Schade nur, dass die nicht aus der Hand von Kotipelto, sondern von Strato Songwriter Tolkki stammen, was zugleich auch den Unterschied der beiden Formationen ausmacht. Alles in allem hatten Epica an diesem Abend deutlich mehr zu bieten als Kotipelto, den ich zukünftig gerne wieder mit Stratovarius sehen würde. Schau’n mer mal…

Nach einer nicht endenden Umbauphase inklusive Soundcheck wurde ein Kamelot typisches, episches Intro eingespielt, dass den Startschuss für den Gig des heutigen Headliners einläutete. ,Center Of The Universe’ eröffnete die Show, mit dem sich das Quintett erstmals den Fans präsentierte. Ohne große Verschnaufpause ging es danach mit ,Shadow Of Uther’ weiter; der Song stand gleichzeitig auch exemplarisch für die Entwicklung der Band in den letzten Jahren: Wo früher die Frauenstimmen eingespielt wurden, werden nun kurzerhand für wenige Gesangszeilen Gastsängerinnen auf die Bühne geholt. Dies wurde bei dem kongenialen ,Nights Of Arabia’ noch einmal wiederholt, bevor im weiteren Verlauf der Show noch einige Überraschungen für die Menge bereit gehalten wurde. Im Rahmen der Black Halo Tour nutzte die Band im folgenden nicht selten die Möglichkeit, die Songs des neuen Meisterwerks zu performen: ,Soul Society’ bildete hierbei den Auftakt und kickte auch live ordentlich in den Hintern. ,The Haunting’ ließ an diesem Abend ebenfalls aufhorchen, performte Khan diesen Song zusammen mit Epica Frontfrau Simone Simons, was richtig cool rüberkam. Zwischendurch kamen auch alle Freunde der Epica Scheibe nicht zu kurz (gespielt wurden ,Edge Of Paradise’ und ,Wander’). Überhaupt stellten diese beiden Alben den Kern des Songmaterials, wodurch einige Tracks leider durch das Raster fielen, dazu später mehr. Nach einem klassisch gespielten Keyboard Solo folgte mit ,Forrever’  auch mal ein Song von „Karma“, der zugleich auch den ersten Sing Along Part beinhaltete. Hier zeigte sich auch deutlich, dass Frontmann Roy Khan die Menge jederzeit im Griff hatte und in jeder Minute den Eindruck erweckte, sich vollends auf der Bühne zu verausgaben. Überhaupt gab es diesmal auch stimmlich bei Khan nichts auszusetzen, was ich von früheren Auftritten der Band nicht immer behaupten konnte. Bestes Beispiel für die hervorragende stimmliche Verfassung an diesem Abend war die Ballade ,Don’t You Cry’: Der Song erzeugte in Kombination mit Khan’s Stimme ein richtiges Gänsehautfeeling. Ansonsten präsentierte sich die gesamte Band extrem spielfreudig. Wie es sich für eine musikalisch anspruchsvolle Kombo gehört, durfte auch ein Instrumental nicht fehlen, Drummer Casey Grillo durfte sich bei einem Solo austoben und beeindruckte durch seine Jonglierkünste mit den Drumsticks. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass der von der „Black Halo“ im weiteren Verlauf noch der Titelsong, ,When The Lights Are Down’ und ,Epilogue’ (Bonustrack der japanischen Version) gespielt wurden. Am stärksten kam jedoch ,March Of Mephisto’ zur Geltung, unterstützt durch Vocals von Epica Gitarrist Mark Jansen. Kritisch anzumerken bleibt jedoch auch, dass Fans der alten Kamelot Alben etwas zu kurz kamen. Deshalb waren wir auch ein wenig enttäuscht, dass z. B. ,Sailorman’s Hymn’ oder das Epos ,Call Of The Sea’ nicht gespielt wurden. ,Farewell’ sollte dann den Gong zu einem wirklich gelungenen Auftritt einläuten der, wie bereits erwähnt, kaum Wünsche offen ließ.

Thomas Schmitt / Oliver Bender