An diesem sonnig-warmen Herbsttag kündigte sich für den Abend ein interessantes, viel versprechendes sowie gleichermaßen qualitativ hochwertiges Package in der gut gefüllten Hamburger Markthalle an - die Ausgangsbedingungen waren also optimal, und die daraus resultierenden Erwartungen konnten, dies sei bereits vorweggenommen, vollends erfüllt werden.
Den Anfang machten pünktlich um 20:30 Uhr die Dänen Mercenary, die sich beim Publikum mit der Präsentation ihres aktuellen Machwerks „11 Dreams“ Gehör verschaffen konnten. Ihr melodisch-atmosphärischer Powermetal, in welchem auch durch den Bassisten Kral beigesteuerte Growls integriert sind, vermochte die Köpfe der anwesenden Zuschauer durchaus zum Mitwippen anzuregen. Die unterm Strich positive Resonanz war nicht zuletzt das Verdienst vom hoch motiviert agierenden und bestens aufgelegten Sänger Mikkel. Anteil an den gewonnenen Sympathiepunkten hatten jedoch ebenfalls die in punkto Spielfreude nicht minder engagierten Bandkollegen. Spätestens bei ihrem als Schlusspunkt gesetzten Überhit ‚11 Dreams’ hatten Mercenary das Hamburger Publikum endgültig auf ihrer Seite und konnten sich nach knapp 40-minütigem Auftritt unter mehr als nur Höflichkeitsapplaus erhobenen Hauptes verabschieden und damit den Platz für die nächste Band freimachen. Durchaus ein Achtungserfolg.
Nun war es an der Zeit für ein ordentliches Death-Thrash-Gewitter von Dew-Scented, die gleich mit ihrem ersten Song einen kleinen Mosh-Pit auslösten. Den Norddeutschen gelang es, die Stimmung noch weiter anzuheben, was angesichts ihres überaus live-tauglichen Materials allerdings nicht weiter verwundern durfte. Auch wenn das anfangs entfachte Stimmungsniveau nicht konstant gehalten werden konnte und der wiederholten Aufmunterung von Sänger Leif Jensen zu verstärkten Moshpit-Aktivitäten nicht vollumfänglich nachgekommen wurde, können Dew-Scented den Abend insgesamt als Erfolg verbuchen. Auch sie legten sich mächtig ins Zeug, ließen die Matten kreisen und ernteten positive Publikumsreaktionen; spieltechnisch sind sie ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Nach einer mit erbarmungslosen Thrash-Granaten ausgefüllten guten Dreiviertelstunde war dann Schicht im Schacht - mir persönlich haben Dew-Scented live gar besser gefallen als auf Platte.
Und dann kam Nevermore - wohl die Band der Stunde. Furios starteten sie mit einem fulminanten Einstiegsduo bestehend aus ‚Born’ und ‚Acid Words’ ihren unbändigen Streifzug durch die im heutigen Set bis auf „The Politics Of Ecstasy“ zurückgehende Diskographie und hatten die Meute vom ersten Ton an fest im Griff. Sofort war klar, dass Nevermore an diesem Abend keine Gefangenen machen würden, und alsbald segelten vereinzelt Stage-Diver durch die Markthalle. Sicher nicht ganz überraschend, führt man sich einmal die ein lebhaftes Konzert erzwingende knallharte Ausrichtung ihres Power Metals vor Augen. Die meisten Bands entwickeln sich mit der Zeit in eine softere, immer melodischere Richtung, wohingegen Nevermore den umgekehrten Weg zu wählen scheinen.
Egal ob urgewaltige Kraftentladungen wie ‚Narcosynthesis’, ‚The Sound Of Silence’, das für den neusten Videoclip auserkorene ‚Final Product’ oder die vergleichsweise gemäßigten und in der Mitte der Spielzeit zum Tragen kommenden ‚Sentient 6’ und ‚Dreaming Neon Black’; Nevermore waren in bestechender Verfassung und überzeugten auf ganzer Linie. Exquisite Gitarrenarbeit, zur Schau getragene Spielfreude, agiles Stageacting der Saitenfraktion sowie ein lässiger und sich in guter Form befindender Warrel Dane (dessen Mütze allerdings Geschmackssache bleiben dürfte…) riefen entsprechende Publikumsreaktionen hervor. Zwar war aus meiner Sicht etwas schade, dass mit keinem Song das legendäre Debüt der Band gewürdigt wurde; aber man kann eben nicht alles haben. Gefehlt hat hingegen natürlich nicht die von den Fans lauthals mitgesungene und für Gänsehaut sorgende Bandhymne ‚The Heart Collector’. Nach eineinhalb Stunden (inklusive der Zugaben ‚This Godless Endeavor’ und ‚The Enemies Of Reality’) geballter Nevermore-Power ging ein durchweg gelungener Abend, zu welchem alle beteiligten Bands ihr Scherflein beigetragen haben, dem Ende entgegen.
Fazit: Die Zeit verging wie im Fluge - und dies lässt sich nur als positives Indiz ausdeuten. Die Zusammenstellung der einander prima ergänzenden Bands erwies sich als fruchtbar und kurzweilig, wobei Nevermore mit ihrer mächtigen Vorstellung das Glanzlicht des Abends markierten. Derzeit befinden sie sich zweifelsohne auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, was sie heute in Topform unterstrichen und unter Beweis gestellt haben.
Stefan Raehse