Konzerte

Alice Cooper
Whitesnake

28.November 2008

Im Vorfeld dieser Veranstaltung gab es schon sehr viele unerfreuliche Meldungen zu den Performances aus dem Lager der weißen Schlange. Sogar das böse "P"-Wort war häufig zu vernehmen. Als Fan der ersten Stunde und obendrein größtem Alice Cooper Verehrer aller Dekaden machte ich mich trotzdem frohgemut auf den Weg, da ich von meinen alten Heroen nichts anderes als eine ehrlich Rock'n'Roll Show erwartete.

Pünktlich um 20 Uhr gingen die Lichter in der Jahrhunderthalle aus, nachdem sich der Mann am Mischpult den Scherz nicht verkneifen konnte, als letzten Song vorm Konzert 'My Generation' von The Who aufzulegen, ein sicherer Seitenhieb auf die hier versammelte Generation Ü40...Mit 'The Best Years Of Our Lives' ging es gleich mit einem Song aus der aktuellen Scheibe "Good To Be Bad" los. David Coverdales "Boygroup", wie ein Freund von mir es einmal treffend betitelt hatte, legte sich mächtig ins Zeug und ließ in dem fast 90minütigen Set instrumental nichts anbrennen. Auch wenn zu meinem Leidwesen der Schwerpunkt des Songmaterials bei den poppigen 80er Jahren lag, war die Darbietung durchweg gelungen. Songs wie 'Ain't No Love In The Heart Of The City', 'Ain't Gonna Cry No More' oder das ursprünglich für B.B. King geschriebene 'Fool For Your Loving' entschädigten dafür aber.

Coverdale schwang dazu den Mikrophonständer wie in alten Tagen und erinnerte zwischen den Songs an verstorbene Freunde wie Mel Galley und die Frau eines ehemaligen Promoters der Band...Was den Gesang angeht...nun, er klang sehr -äh- eigenartig. Und was noch seltsamer war: Die Gesangslautstärke änderte sich nicht, egal wie weit Herr Coverdale das Mikro vom Mund entfernt hielt. Ich will jetzt nicht die an anderen Stellen erhobenen Playback-Vorwürfe wiederholen, aber die starre Mimik in Verbindung mit dem - nennen wir es einmal "intelligenten Mikro" (das genau weiß, welche Geräusche es zu übertragen hat...) - hinterließ schon einen zwiespältigen Eindruck. Was ich nicht verstehen konnte, war das vielleicht 15minütige Gitarrenduell zwischen Doug Aldritch und Reb Beach. Da hätte man besser 'Crying In The Rain', 'Trouble' und 'Ready An' Willing' mit reingepackt. Apropos Reb Beach...diesen Ausnahmegitarristen durfte ich schon als Begleitmusiker von Alice Cooper und Dokken erleben und habe ihn stets bewundert. Allerdings machte er neben seinen immer noch beeindruckenden Instrumentalleistungen etwas deplatziert wirkende spastische Tanzbewegungen, die sich dem Betrachter nicht unbedingt erschlossen. Egal.

Nach knapp einer halben Stunde Umbaupause enterte der Detroiter Altrocker Alice Cooper die Bretter die die Welt bedeuten und ließ keinen Zweifel daran, dass er die Rock'n'Roll Maßstäbe zurechtrücken würde. Die Showelemente traten in der ersten ¾ Stunde fast komplett in den Hintergrund und man glaubte sich wirklich in einem alten Stooges Konzert wieder zu finden. Rock'n'Roll pur von den Alice Cooper Platten der Jahre 1971-73, dazu noch 'It's Hot Tonight' von "Lace & Whisky" aus dem Jahr 1977. Alice nahm keine Gefangenen und seine junge Band, bei der lediglich Eric Singer altermäßig in einer ähnlichen Liga spielt wie der Meister selbst (Alice Cooper hat unglaubliche 62 Lenze auf dem Buckel!) spielte wie entfesselt. Höhepunkt war wie so oft das göttliche 'Halo Of Flies' von der 1971er Veröffentlichung "Killer". Dabei gaben sich die beiden Gitarristen die Ehre, Eric Singer ebenfalls mit Timbales und Snares bewaffnet beim Drumsolo zu unterstützen. Zu den Songs der Platte "Welcome To My Nightmare" kamen dann natürlich die Horrorelemente wieder zum Vorschein.

Neben den Klassikern der ersten beiden Schaffensperioden (1969-74 und 1975-1978) brachte er auch unsterbliche neuere Songs wie 'Poison' und 'Feed My Frankenstein' zu Gehör, dazu zwei Songs von "Dirty Diamonds", nämlich den Titelsong und 'Woman Of Mass Distraction'. Um die Tour zur aktuellen Scheibe zu rechtfertigen, wurden noch zwei Titel von "Along Came A Spider" dazugepackt und fertig war eine Setlist, die vor allem Freunde von "Love It To Death", "Killer" und "Billion Dollar Babies" zufrieden stellen musste. Dass Alice zur Abwechslung einmal wieder erhängt und nicht enthauptet wurde, rundete einen wundervollen Konzertabend ab. Wären da nur nicht die Zweifel hinsichtlich David Coverdales Vortrag...

Fazit: Alice Cooper hat mich in den letzten gut 20 Jahren niemals bei einem Konzert enttäuscht und wird es vermutlich auch niemals tun. Besonders köstlich übrigens, dass er seine beiden Töchter, die als Tänzerinnen und Darstellerinnen die Show unterstützt haben, abschließend als "The love of my life..." vorgestellt hat. Nur um das Ganze dann zu ironisieren mit den Worten: "And me, singing, the love of my life: Alice Cooper!" Ein großer Auftritt eines großen Künstlers. Wenn es überhaupt etwas zu bemängeln gab, dann das Fehlen von Songs aus der "Brutal Planet" Phase. Aber man kann es ja schließlich nicht jedem recht machen!

Frank Scheuermann






Rock & Pop Tickets bei www.eventim.de