Konzerte

Cannibal Corpse
Dew-Scented, Severe Torture, Viu Drakh

28.September 2002

Krach total war angesagt im Trierer Exil, das in diesem Herbst wohl als Auffangbecken für den Death Metal Teil der aufgegebenen Hafenbahn in Offenbach dienen soll (siehe Konzerte von Deicide u.a.), da im Südwesten der Republik ansonsten in dieser Richtung nicht viel los ist.

Um diesen Krach von Anfang an zu hören musste man wahrscheinlich unter den Ersten in der Warteschlange gewesen sein, denn trotz pünktlichen Erscheinens und Vordrängelns hatten Viu Drakh mit ihrer Mixtur aus Death, Grind, Crust und Punk bereits angefangen, als ich den Konzertraum betrat. Die Leute, die schon drinnen waren, sahen sich den Auftritt des Vierers auch interessiert an, der sich sehr bemühte und seine Openerposition gut ausfüllte. Ein riesiges Manko war allerdings der schwache Sound, der sich im Laufe des Abends zwar bessern sollte, dennoch aber zu verwaschen klang. Der Sänger und Gittarist der Band spielte jedenfalls Solos und Anderes, von denen überhaupt nichts zu hören war. Schade, dass obwohl so viele Leute von den Qualitäten der Band schwärmen, sie mich trotz coolem, schnellem ‚Ace Of Spades’ Cover nicht überzeugen konnten.

Danach tauchten Severe Torture aus Holland auf der Bühne auf und rissen ihren brutalen schnellen Ami Death Metal herunter. Tiefes Gegrunze, durchgetretene Doublebass und - keine Gitarren. War die Band technisch vielleicht fit, was an den Fingerakrobatiken zu erkennen war, hörte man doch nur Geknüppel. Die Songs ließen zumindest live jeden Wiedererkennungswert vermissen, da weder groovige Parts noch großartige Rhythmuswechsel zu vernehmen waren. Sollte das neue, mir persönlich noch unbekannte Album auch besser sein, war live hier nix zu holen.

Mit Dew-Scented trat dann als dritte Band einer der momentan besten deutschen, wenn nicht europäischen Death Metal Acts auf. Ihr im Februar veröffentlichtes Götteralbum „Inwards“ im Rücken, gestärkt durch einen etwas besseren, weil differenzierteren Sound und dem Intro aus dem ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘ Soundtrack von Herrn Morricone, konnte nichts schief gehen. ‚Bitter Conflict‘ machte den Anfang eines wahrhaft geilen Gewitters aus schneidenden Riffs, knallendem Drumming, Breaks, Rhythmen und Gesang, das nun über die schon zahlreiche und aktive Meute hereinbrach. Bis auf eine Ausnahme wurde nur das neue Album gewürdigt und jeder Song, insbesondere ‚Life Ending Path‘, zeigte noch einmal wie aktueller Death/Thrash Metal (auch aus Deutschland!) klingen kann. Einziger Kritikpunkt war, dass der Auftritt viel zu kurz ausfiel, da die Setlist um mindestens drei Tracks gekürzt werden musste, inkl. ‚War Ensemble‘ -Cover von (wer das nicht weiß, darf nicht weiter lesen). Klasse Auftritt.

Nun lag die Messlatte schon recht hoch und die Kannibalen aus Florida mussten sich anstrengen Dew-Scented zu toppen. Zunächst einmal mussten sie zwei Songs lang ihren Sound finden, der sich dann aber auch kontinuierlich steigerte. Hier gab es mal einen echten ´Wall of Sound´ und die Menge tobte richtig los. Hatten vorher schon vor der Bühne fast unerträgliche Temperaturen und Luft geherrscht (guter Hafenbahnersatz), war die Luft nun zum Schneiden dick, da traditionell bei Cannibal Corpse diverse verbotene Stoffe inhaliert wurden. Die Setlist bot einen Querschnitt durch die Historie der Kannibalen, ohne natürlich die ersten drei Alben aus bekanntem Grunde zu tangieren. Die Jungens selbst boten wie immer eine enorm tighte Show mit unglaublich exakten Einsätzen der Instrumente und eingebautem Nackenpropeller. Der Mob ließ sich natürlich nicht bitten, schüttelte sein Haupthaar und segelte über der Menge. Nimmt man allerdings den Auftritt des Fünfers vor drei (?) Jahren auf der Tour zusammen mit Marduk und Angel Corpse als Maßstab, so waren die Reaktionen bloß gut. ‚Hammer Smashed Dace’ wurde zwar gelegentlich gefordert, aber nicht wie vor Jahren auch gespielt, außerdem wurde dieses Mal die Beleuchtung von verrückten Divern verschont. Dafür entschädigten allerdings Songs wie ‚Fucked With A Knife’ oder ‚Pit Of Zombies‘ vom neuen Album, die enorm wuchtig und groovig aus den Boxen ballerten. Dass am Ende keine Zugabe gespielt wurde, hing dann doch eher mit dem Zustand der Luft im Raum, als mit müden Zuschauerreaktionen zusammen. Insgesamt waren Cannibal Corpse und Dew-Scented richtig gut, während Viu Drakh und Severe Torture eher mittelmäßig aufspielten.

Christian Kremp