Konzerte

W.A.S.P.
V8 Wankers

21.Dezember 2007

Die letzten Jahre hat Herr Lawless, einziges verbliebenes Urmitglied der amerikanischen Metalinstitution WASP, vornehmlich damit zugebracht, bestenfalls mittelmäßige Studioscheiben zu veröffentlichen. Die sich daran anschließenden Tourneen wurden generell als lustlos heruntergespieltes Best of Programm empfunden, der Chefdenker dabei wortkarg und dem Publikum gegenüber fast schon feindselig. Nach der wieder richtig guten letzten Scheibe "Dominator" durfte man also gespannt sein, wie sich Herr Gesetzlos mit seinen Spießgesellen schlagen würde.

Doch bevor es so richtig ernst wurde für die True Metal Fraktion, wurden erst einmal mit den V8 Wankers die herausragenden Vertreter des deutschen Punk'n'Roll auf die ausgehungerte Meute losgelassen. Die vermutlich am meisten tätowierte Band der Welt legte gleich ordentlich mit dem ihr eigentümlichen Rotzrock los und punktete vor allem beim anwesenden Bikerpublikum. Nach einer runden ¾ Stunde verabschiedete man sich unter höflichem Beifall, der aber nicht wirklich darüber hinwegtäuschen konnte, dass der Unterhaltungswert der V8 Wankers Musik dank völligen Mangels an Dynamik trotz aller "Kick Ass"-Attitüde auf Dauer eben nicht besonders gut unterhält.

Nach gut 20minütiger Umbaupause enterten um 21.10 die amerikanischen Hard'n'Heavy Urgesteine von WASP die Bühne. In den nächsten 60 Minuten wurde man mit der vollständigen Darbietung des 1992er Konzeptalbums "The Crimson Idol" verwöhnt. Um die Erzählstränge plausibler zu machen, verzichtete man demonstrativ auf eine bunte Lightshow und warf stattdessen via Filmprojektion Filmsequenzen an die hinterm Drumset aufgehängte XXL Leinwand. Die Lebens- und Leidensgeschichte von Jonathan wurde darin auch für Menschen, die sich keiner herausragender Englischkenntnisse erfreuen nachvollziehbar, bis hin zu Jonathans Tod und Aufbahrung in Kreuzform (siehe Albumcover). Es liegt in der Natur der Sache, dass in dieser quasi Musicalinszenierung mit dazu getimeter Filmprojektion kein allzu großer Spielraum für Spontaneität auszumachen war. Die instrumentalen Darbietungen waren weit über jeden Zweifel erhaben, jedoch fragte man sich unwillkürlich, warum sich Blackie nur einmal ein halbherziges Solo aus den Rippen geleiert hat (und das hätte er auch besser seinem Mitstreiter überlassen...!). Dazu kommt meine persönliche Abscheu gegenüber Samplings oder Einspielungen von Musikern, die nicht auf der Bühne zu sehen sind. Und davon gab es Unmengen. Ein großer Teil der Backing Vocals, die ganzen Keyboards und vermutlich noch vieles mehr stammten wohl aus einem kleinen Japaner...

Nach dieser trotz aller kritischer Anmerkungen immer noch sehr imposanten Leistung sprach Blackie nach satten 60 Minuten zum ersten Mal zum Publikum: "Thank you guys! We'll be back in a few minutes!", sprachs und verschwand samt Band für etwa zwanzig (!) Minuten in der Garderobe.

Ich freute mich schon auf ein üppiges zweites Set inklusive aller noch nicht gehörten Hits plus zwei oder drei Songs Zugabe. Was dann jedoch folgte, ist vermutlich singulär in der Rockgeschichte! Dieses zweite "Set" bestand gerade mal aus schlappen vier (!) Songs, die ebenfalls fast ohne Worte heruntergezockt wurden (eine Nummer vom aktuellen Album, dazu 'Blind in Texas', 'Wild Child'...). Das hätte ich niemals für möglich gehalten: Ein WASP Konzert ohne 'Animal (Fuck Like A Beast)', 'On Your Knees', 'I Wanna Be Somebody' oder 'I Don't Need No Doctor'! Das ist wie Black Sabbath ohne 'Paranoid' oder Led Zeppelin ohne 'Stairway To Heaven'! Vorm letzten Song noch in einem Satz der Hinweis "You're the best audience we've ever had!" und aus wars.

Fazit: Blackie hat bewiesen, dass er absolut nicht wortkarg ist, schließlich hat er an die anwesenden Metalheads insgesamt zwanzig (!!!) Worte gerichtet. Es bleibt jedoch ein fader Beigeschmack, da zwar die rein musikalische Darbietung trotz aller Samplings erstklassig war, jedoch fast nie Live-Stimmung aufkommen wollte (außer bei 'Wild Child'). Dazu kam, dass Blackie und die Bikerfreunde von der Security auch auf harmlose Erinnerungsfotografen höchst aggressiv reagierten. Daher findet Ihr auch in meinem Beitrag keine Bilder. Schade, denn im Fahrwasser von Queensryches neuerlicher "Operation Mindcrime 1 & 2" Inszenierung hätte man auch hier aus dem Potential viel mehr machen können. Einzig unbestritten positiver Aspekt war die Möglichkeit zum schnellen Betreten und Verlassen der Halle sowie das sehr publikumsfreundliche Auftreten der Veranstalter.

Frank Scheuermann