Konzerte

Ten Foot Pole
Venerea

30.Januar 2003

Ein kleines Rezept für ein großartiges Punk-Konzert: Man nehme zwei bis drei renommierte Bands, stecke sie in eine Kammer zusammen mit einem ausgezeichnetem Equipment und einer ordentlichen Menge an Leuten, die ihr Interesse an der Musik überdeutlich zu zeigen vermögen und lasse sie für zwei bis drei Stunden bei tropischer Luftfeuchtigkeit und hohen Tanztemperaturen garen! Genau dies war der Fall beim Auftritt von Venerea und Ten Foot Pole. Wieder einmal war die Räucherkammer gerammelt voll, und man stand erwartungsvoll eingekeilt zwischen Kippen, Bier, Trainingsjacken und Kapuzenpullies.

Dann kamen zuerst die vier Schweden von Venerea, die zum ersten Mal in Wiesbaden spielten und sich scheinbar sauwohl fühlten. Ein sehr melodischer Punk-Rock, der vor allem auch Leuten gefällt, die normalerweise keine elektrisch verzerrte Gitarrenmusik hören, was wohl vor allem auf die grandios schnellen Handgelenke zu den weichen Melodien und den ultra melodiösen Gesang zurückzuführen ist. So begannen sie mit dem Stück ‚Nothing Is Planed’ von dem alten Album „Both Ends Burning“, von dem überraschenderweise ziemlich viel gespielt wurde, da ja nun im März ihr neues Album erschien, und ich mit mehr davon gerechnet hatte. Trotz des schwer abzumischenden Sounds kam vor allem immer wieder dieser einzigartige Gesang fulminant zur Geltung. Im Publikum war deutlich zu merken, dass es eigentlich von den neueren Sachen nicht so viel hielt oder sie ganz einfach nicht kannten. Bei jedem alten Lied wurde getanzt, was der Platz halt hergab, bei den neueren Liedern kam eher ein seichtes Kopfnicken. Und während Venerea so ihre Show ablieferten, fiel wahrscheinlich jedem ein kleiner, fetter übelst besoffener Irokese auf, der sich zunächst nur nicht auf den Beinen halten konnte, sich dann auf die Bühne setzte, um von dort mit einem Arschtritt wieder runterzufliegen. Anschließend flogen einige Beleidigungen zwischen unserem Freund und dem Sänger, der sich auch noch das Mikrofon klauen lassen musste, bis der Idiot endlich pöbelnd verschwand (Tja, besoffen wie ein Pferd und ein ,Pöbel und Gesocks’- Shirt sind so eben nicht Punk) Eine Zugabe gab es auch noch und zwar den Stage-Dive Song ,Kangaroo’, der noch einmal alle Energien mobilisierte. Nach einer Stunde war es dann auch schon vorbei, und das Publikum wartete sichtlich gepuscht auf die nächsten.

Ten Foot Pole waren offensichtlich dem Publikum wesentlich vertrauter als die erste Band. Das amerikanische Quartett, das schon einige Alben unter Epitaph rausgebracht hatte stand den Schweden in Sachen Schnelligkeit, Lautstärke und Energie in nichts nach. Auch sie gaben alles und rockten die Kammer. Sie spielten vor allem alte Stücke vom „REV“-Album. ‚Never Look Back’ und ‚ADD’ vom Punk-O-Rama Sampler forderten die Menge geradezu auf mitzusingen und sich immer und immer wieder in die wogenden Menschen zu schmeißen. Sehr positiv zu bemerken ist, dass es den Jungs am Mischpult an diesem Abend wirklich mal gelungen ist, einen fast perfekten Sound hinzubekommen (was ja bei anderen Konzerten nicht immer der Fall war). Nach insgesamt zwei-einhalb Stunden war das Fest dann vorbei und man ging sehr gut gelaunt nach Hause, im besten Gewissen, einen großen Abend voll bestem Punk-Rock erlebt zu haben.

Tim Ruhl