Nach einer mehr oder weniger komplizierten Suche fanden wir uns endlich am Schauplatz der diesjährigen Deconstruction Tour, dem Losheimer Stausee, ein. Es ist Samstag 13.30 Uhr und wir inspizieren das Festival Gelände. Abgelegen, von Wald umschlossen und direkt am See, was will der einfache Festivalbesucher mehr? Das Gelände war zum See hin abfallend, wodurch man selbst weit hinten die Bühne noch gut sehen konnte. Der See bot Möglichkeiten zur Abkühlung, die gerade während der Pausen, reichlich genutzt werden konnten. Auf dem Weg vom Eingang zur Bühne waren Stände der spielenden Bands aufgebaut an denen man Poster, CDs, T-Shirts, etc. erstehen konnte. Besonders bemerkenswert war der Stand von Fabulous Disaster und den Real McKenzies an denen Mitglieder beider Bands ihre Souvenirs selbst verkauft haben und an dem ich mir nach meinem Interview mit Mr. Nancy noch die übrigen Autogramme von Fabulous Disaster holen konnte.
Es war noch Zeit bis es mit der Musik losgehen sollte, denn der Gig von Fabulous Disaster stand erst für 14.45 auf dem Plan, umso verwunderlicher war es, als um Punkt eins schon Musik aus Richtung Bühne gab. Dort angekommen stand als Special Guest des Festivals Flogging Molly auf der Bühne und spielten ihre Mischung aus Punk und irischem Folk. Noch waren nur wenige Leute anwesend, aber jene die schon so früh anwesend waren, hatten offensichtlich Spaß mit dieser irischen Tanzmusik, die aus Gitarre, Violine, Mandoline, Bassgitarre, Schlagzeug und Akkordeon besteht. Wie alle andern Bands mussten die Iren aus L.A. nach einer halben Stunde Guinness und Musik das Feld räumen, um dem Aufbau für die nächste Band, Fabulous Disaster, Platz zu machen.
Diese legten nach dem Aufbau auch sofort los mit Songs von ihren beiden Pink & Black Alben. Lieder wie ‚Hey Girl’, ‚GIA’ und vor allem ihr Klassiker ‚Rich Bitches In Volvos Piss Me Off’ brachten die anwesenden Leute zum Pogen. ‚Short Fuse’ und vor allem der letzte Song, ‚Next Big Joy Ride’, gab den Leuten den Rest und viele pilgerten zum Wasser um sich abzukühlen.
Ich ging währenddessen mein Interview mit Mr. Nancy führen, die es, nach dem heißen Gig bei äußerst warmen Temperaturen, auch etwas eilig hatte sich im See abzukühlen.
Durch das Interview kam ich zu spät zum Auftritt von Strung Out, doch man sah schon von weitem die gute Stimmung, die nach der Abkühlung und der fünfzehnminütigen Pause, vorhanden war. Die Leute waren am pogen und es waren einige Leute auf der Menge unterwegs. Offensichtlich hatten die Fans ihren Spaß an den Songs von ihrem aktuellen Album „An American Paradox“, vor allem bei ‚Razor Sex’, aber es gab auch noch einige die sich erholen mussten um damit bei der nächsten Band genug Kraft zu haben.
Nach Strung Out sollte es ursprünglich eine Skater und BMX Show geben. Diese musste leider abgesagt werden, da die Rampe beim Transport offensichtlich beschädigt wurde und eine Reparatur nicht mehr möglich war.
Der nächste Gig war der faszinierendste und auch beste des Tages. Die Real McKenzies traten auf die Bühne. Ihre Musik ähnelt denen von Flogging Molly, nur das hier der Dudelsack den Folk zum Punk bringt. Allesamt im Outfit eines typischen Schotten, dem obligatorischen Kilt, hohen Schottenstrümpfen und den sogenannten ´Sporrans´ (die kleinen schottischen Täschchen am Gürtel). Bei der Kleidung könnte man meinen es wären echte Schotten, aber es sind alles Kanadier, die sich in Vancouver zusammengefunden haben. Nichtsdestotrotz fühlen sie sich dem Erbe ihrer schottischen Vorfahren verpflichtet, was man auch sofort beim ersten Song, ‚Nessie’, merkte. Das Publikum fing an zu toben und zu tanzen. Die Stimmung war unbeschreiblich gut. Es wurde von Song zu Song immer besser, denn ‚Cross The Ocean’, ‚Scots ’Round The World’ und vor allem ‚Dance Around The Whisky’ passten optimal zur feuchtfröhlichen Festival Stimmung. Dann kam ihr bester Song ‚The Night The Lights Went Out In Scotland’, den Paul mit einem „Fuck Monarchy“ einleitete. Man merkt, dass diese Jungs meinen was sie sagen. Leider war dieser Gig auch nach einer halben Stunde vorbei, wo sich viele eine Fortsetzung wünschten. Es war besser so, denn viele waren danach total ausgepowert und brauchten die Pause.
Dass 15 Minuten nicht reichten um sich von den Real McKenzies zu erholen, sah man, als die älteste Band des Tages, T.S.O.L. auftrat. Diese existiert seit 1979 und war seitdem eine große Inspiration für eine Menge anderer Punk Bands. Dass immer mehr Leute anwesend sind, sah man bei den Real McKenzies, aber jetzt war auf dem Platz vor der Bühne eine Menge freier Platz. Während T.S.O.L. oder auch True Sounds Of Liberty spielten, kamen die Leute langsam wieder und es wurde wieder voller. Die guten alten Songs wurden ausgepackt und man hörte feinsten Politpunk mit Songs wie ‚Abolish Government’, ‚80 Times’ und ‚Code Blue’. Zwischendrin kam eine gute Anekdote von Jack, dem Sänger, dass er auf der Toilette während eines Konzerts in einem Club in Texas von der Tochter eines wichtigen amerikanischen Politikers oralen Verkehr bekommen hatte, während der Mann vom Secret Service seine Cola hielt.
Nach T.S.O.L. war wieder eine längere Pause, die mit einer Show des Incredibly Strange Wrestling gefüllt wurde. Diese Show war alles andere als interessant oder witzig, sondern nur arm. Von so kreativen Namen wie El Homo Loco, El Pollo Diablo (einem Hahn) und Macho Sasquatcho über die vom Veranstalter verteilten Tortillascheiben zum Werfen bis zu den Aktionen, bei denen die Wrestler fielen ohne sich überhaupt zu berühren, war die Show ein einziger Witz und hatte einen Unterhaltungswert von Null.
Zum Glück ging es danach schon wieder mit Musik weiter. Die Bühne wurde dem Stil von Terrorgruppe angepasst und diese konnten so in vertrauter Atmosphäre auftreten. Als einzige deutschsprachige Band des Festivals konnten die Aggropopper direkt auf das Publikum eingehen und spielten Songs wie ‚Opa’, ‚Nazis im Haus’ oder ‚Mein Skateboard ist wichtiger als Deutschland’. Sie stachelten die Leute zu härterem Pogen auf mit Sprüchen wie „Das ist Kinderpogo“ und „Da geht noch mehr“. Während ‚Sonntag Morgen’ wollten sie, dass alle sich hinsetzen und wer das nicht macht ist ein Poser, also das Schlimmste was es, laut Terrorgruppe, gibt. Am Besten war die Stimmung bei ihrem letzten Song über den, ihrer Meinung nach größten Punk der Welt, ‚Ernst August’, dem Pinkelprinzen.
Thrice hatte leider Pech, denn nach dem Auftritt von Terrorgruppe hatten die Jungs es schwer, das geschwächte Publikum ohne lange Pause mit ihrer äußerst schnellen und aggressiven Musik zum Tanzen und Feiern zu bringen. Sie spielten größtenteils Songs aus ihrem aktuellen Album „The Illusion Of Safety“, aber da das neue Album am 22. Juli auf den Markt kommt, gaben sie auch einen kleinen Vorgeschmack daraus. Das Potential zum Feiern wurde von Thrice geliefert, aber alle mussten sich erholen, für die nächste Band, die von vielen sehnsüchtig erwartet wurde.
Bevor aber wieder Musik kam, musste man sich noch mal die Wrestling Show geben, um sich nochmals zu überzeugen, dass sie sinnlos und unlustig ist.
Um 20 Uhr ging es dann los mit BoySetsFire und deren Hardcore Mucke. Es waren Viele in der Mosh Pit und auch mehre Leute surften auf der Menge herum. Die beste Stimmung des Abends, obwohl mir persönlich die Musik aus Gitarrenschrubben, Schlagzeug und Geschrei nicht gefiel. In diesem lauten, aggressiven, schnellen und unmelodischen Musikbrei konnte man aber die Songs ‚Rookie’, ‚White Wedding Dress’ und ‚Release The Dogs’ erkennen. Solange die Stimmung gut ist kann weiter gefeiert werden.
Zwischen NoFx und BoySetsFire gab es nur noch eine Barriere die Bouncing Souls. Diese kamen auf die Bühne und legten sofort mit ‚Hopeless Romantic’ los. Danach kam ‚Private Radio’ von ihrer aktuellen Scheibe. Da die Jungs im August ein neues Album rausbringen kamen gleich zwei Songs von ‚Kids And Heroes’, gefolgt von ‚Kate Is Great’. Die Vier taten alles, was sie konnten, aber die eine Hälfte des Publikums war von BoySetsFire noch ausgelaugt und die andere Hälfe wollte endlich das Highlight des Abends, NoFx sehen. Die Stimmung fiel etwas ab und dann kam die Pause.
Endlich es ist 21.50 Uhr und NoFx betritt die Bühne. An diesem Punkt gab es kein halten mehr. Bei ‚Murder The Government’ pogten mindestens 500 der geschätzten 5000 anwesenden Leute. Die traditionell in der Mitte vor der Bühne befindliche Mosh Pit hatte jetzt einen Radius von etwa 20 Metern! Mit ‚Don't Call Me White’ kam der erste richtige Titel des Abends zum mitsingen und es wurde kräftig gepogt und gesurft. Es ging Schlag auf Schlag bis nach ‚The Brews’, ‚Champs Elysée’ kam und den Fans eine kleine Pause gegönnt wurde, um wieder Kraft zu sammeln. Auch bei ‚Bottles To The Ground’ wurde noch pausiert. Bis zwei Songs später mit ‚Bob’, ‚Radio Radio Radio’ und ‚Moron Brothers’ eine extrem kraftraubende Kombination gespielt wurde. Das Ende markierten dann ‚Idiot Son Of An Asshole’, dem allseits beliebten ‚Linoleum’ und ‚Theme From A NoFx Album’, das Melvin auf dem Akkordeon wunderschön ausspielte während der Rest von NoFx verschwand. Vorher erhielt Melvin aber noch Verstärkung. Matt Hensley von Flogging Molly kam auf die Bühne und spielte mit Melvin zusammen und beendete so ein rundum gelungenes Festival, obwohl man sich wohl etwas mehr von NoFx hätte wünschen können, aber auch so hat sich die Fahrt gelohnt und die Location Strandbad Losheim kann man sich für die Zukunft merken, denn dort hat man eine wunderbare natürliche Umgebung die perfekt ist für Konzerte.
Winfried Bulach
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