Konzerte

Anti-Flag
The Unseen, A Wilhelm Scream, Red Lights Flash

05.Mai 2006

Ein gediegener Abend mit vier direkten und lauten Bands war im Schlachthof am Freitag dem 5. Mai angesagt. Mit dabei eine der amerikanischen Punkikonen, nämlich Anti-Flag. Den Abend sollte die einzige europäische Band, die bei Anti-Flag Records unter Vertag ist, eröffnen: Die Österreicher Red Lights Flash.

Die in ihrem Heimatland politisch engagierten Jungs haben einen Touch von Good Riddance, der gleich auf Gegenliebe beim anwesenden Publikum traf. Vor der Bühne sammelten sich gleich einige Leute an, um sich schon mal ein wenig warm zu machen für den Headliner und die anderen Vorbands. Da die Jungs nur ein richtig bekanntes Album auf dem Markt haben (nämlich das über A-F Records), spielten sie auch den Großteil von "Free…". Gewohnt gute Kost brachte die Massen in Wallung, Tanz und Pogo war die Folge. Scheinbar hat die Truppe aus Graz derzeit ein neues Eisen im Feuer, denn sie präsentierten einen vollkommen neuen Song namens ‚The End Of History'. Der Titel war sogar noch deutlich geiler als die Titel der "Free…"-Scheibe und entsprechend ging es dann auch ab. Ähnlich gut ging es dann am Ende des Auftritts zu als ‚Time The Lights Went Out' und der Burner ‚Past Soul' gespielt wurden. Dem Publikum hat es sichtlich gefallen, denn es gab entsprechenden Beifall. Danach machten alle sich auf dem Weg nach draußen um ihrer Nikotinsucht zu frönen, denn der Abend war zum Nichtraucherkonzert beordert worden, da der Sänger von Anti-Flag an einer Rauch Allergie leidet.

10 Minuten später ging es dann schon weiter. Flott wie die Bühnenhelfer den Umbau und Soundcheck durchgezogen haben. Doch gleich zu Beginn von A Wilhelm Scream aus Baltimore, Maryland, hörte man, das der Sound etwas zu laut eingestellt war, denn die Boxen übersteuerten bei den netten Schreiattacken von Frontsau Trevor Reilly. Seltsamerweise störte das nur wenige, vielleicht lag das an der guten Stimmung die Red Lights Flash vorher geschaffen hat und dem guten Wetter das über der grünen Wiese neben dem Schlachthof herrschte. Der erste Titel war ‚The Kids Can Eat A Bag Of Dicks' von ihrer "Ruiner" Platte. Seit ihrem letzten Besuch im Schlachthof sind erst einige Monate ins Land gegangen und ein Großteil der Besucher schienen die Jungs noch aus ihrem Supportslot bei Lagwagon zu kennen. Entsprechend begeistert waren die Menschen vor der Bühne und bildeten eine heftige Circle Pit, die natürlich von Trevor noch bestärkt und gefordert wurde. ‚When I Was Alive: Walden III', ‚Killing It' und ‚Me Vs. Morrissey In The Pretentiousness Contest (The Ladder Match)', die ebenfalls alle vom "Ruiner" Album stammen, bewegten das lebhafte Publikum immens, so dass die Pit ordentlich ausdehnte und mehr Leute daran/darin ihren Spaß hatten. ‚Famous Friends And Fashion Drunks' war eine willkommene Abwechslung und zeigte mal andere Scheiben der Verrückten aus Maryland. Die Energie war förmlich greifbar, so Schweißnass war die Luft die vom vorderen Teil der Halle nach oben stieg. Dann kam ‚The King Is Dead', einer der besten Titel der allgegenwärtigen "Ruiner" CD, der entsprechend gefeiert und vor allem mitgesungen wurde. Leider kamen anschließen nur noch zwei Titel, die die Setlist von A Wilhelm Scream abrundeten, nämlich ‚Mute Print' und ‚The Rip'. Der Auftritt war mehr als genial, da können sich andere Bands eine dicke Scheibe von abschneiden, denn die Jungs aus Baltimore haben es einfach drauf. Nach dem gebührenden Applaus verschwand der Großteil der Leute (die ganzen Raucher) wieder aus der Halle um den Weg zur Lunge zu teeren.

Als nächstes standen die Rotzpunks von The Unseen auf dem Plan. Der Vierer aus Boston gab von Anfang an Vollgas und ballerte dem Publikum in klassischer Hardcore-Manier ein ums andere Brett um die Ohren. Ob nun ‚New World Disorder' oder ‚Social Security' vom Debüt "Lower Class Crucifixtion" kein Klassiker wurde ausgelassen. Trotz der energiegeladenen Bühnenpräsenz wussten die Jungs nicht mich zu überzeugen, auch wenn es für den Headliner Anti-Flag wohl keinen passenderen Support gäben könnte, und das nicht nur wegen deren Veröffentlichungen unter A-F Records. Mit ‚You Can Never Go Home' und ‚Scream Out' vom aktuellen Output "State Of Discontent" wurde die Show nach 40 Minuten Spielzeit (16 Songs) beendet und The Unseen machten Platz für die lang erwarteten Polit-Punks von Anti-Flag.

Um kurz vor halb elf war es dann endlich an der Zeit für das Quartett aus Pittsburgh. Um die Menge so richtig auf Hochtouren zu bringen starteten Anti-Flag gleich mit dem Urgestein ‚Fuck Police Brutality'. Mit neuem Album ("For Blood And Empire") im Gepäck, das sicherlich zu einem der besten Anti-Flag-Alben zählt, gab es mit ‚I'd Tell You But...' und ‚War Sucks, Let's Party!' die ein oder andere Kostprobe gleich zu Beginn. Die üblichen "Fuck the president" Ansagen hielten sich diesmal im Rahmen und man legte spürbar mehr Wert auf die Party, was ‚War Sucks, Let's Party!' eindrucksvoll belegte. Das sich die Jungs nicht nur auf der Bühne wohl fühlen, sondern auch unter ihren Fans bewies Basser Chris #2 beim Ohrwurm ‚Underground Network'. Kurzerhand sprang er von der Bühne und ließ sich von der Stimmung und dem Publikum tragen, während die Menge lauthals den Refrain mitgrölte. Weitere Highlights gefällig? Kein Problem: ‚911 For Peace', ‚Angry, Young And Poor' oder ‚Mind The G.A.T.T.'. Leider verging die Zeit wie im Flug und ‚Turncoat' vollendete den bis dato fast perfekten Abend. 16 Songs in weniger als einer Stunde, da muss doch noch mehr drin sein, außerdem fehlte noch der Singalong schlechthin: ‚Die For The Government'. Doch als Opener des Zugabenteils wählten die Jungs die Ballade ‚One Trillion Dollars' von ihrem aktuellen Output. Eine gute Gelegenheit um noch ein wenig zu verschnaufen und sich das letzte Bier vor der Endphase zu holen. ‚Power To The Peacful' und der Hammer ‚Die For Your Government' ließen die Halle noch einmal toben. War noch mehr drin? Natürlich: ein weiteres Urgestein ‚Drink, Drank, Punk' und ‚Depleated Uranium Is A War Crime' besiegelten aber nach 70 Minuten das endgültige Ende der Show von Anti-Flag.

Winfried Bulach / Nils Manegold