10 Years of New Evil Music Festival
30.04.2014
Steinbruch Theater Darmstadt-Mühltal
Zumindest einen Tag des Festivals wollten wir uns und euch nicht vorenthalten. Aber nach unseren Erlebnissen in letzter Zeit wäre es auch seltsam gewesen, wenn das Schicksal uns nicht noch den einen oder anderen Streich spielen würde.
Tja, so kam es dann auch – zunächst in Form der Absage von Eisregen. Damit war klar, dass das Publikum etwas übersichtlicher ausfallen würde. Aber noch war man guter Dinge, bot das Lineup ja auch abseits des Headliners genügend Stoff. Nach einer gefühlten Ewigkeit auf überfüllten Straßen (an dieser Stelle ein Gruß ans Verkehrministerium) kam man in Mühltal an, um gleich den nächsten Schlag verpasst zu kriegen: Kein Gästelistenplatz für EvilRocksHard.
Gut, nach dem verständlichen Aufreger zu Beginn (die Szene war in letzter Zeit für unseren Geschmack zu oft passiert) hatten wir dann eher einen Kloß im Hals: Dass unser Ansprechpartner 2 Wochen vor dem Konzert ums Leben kommt, war uns auch noch nie passiert. An dieser Stelle also ein kurzes Gedenken an Kai Schubert von In Fiction.
Drinnen angekommen stellten wir fest, dass unsere Vermutungen (wenig überraschend) richtig gewesen waren – das Publikum blieb überschaubar, so mancher dürfte sich nach der Absage von Eisregen doch umentschieden haben.
Um halb neun war es dann so weit und Cryptic Forest betraten die Bühne. Mit „Winterstorms“ legten die Black-Metaller los und ließen sich – Respekt – von der Leere vor der Bühne recht wenig beeindrucken. Vom aktuellen Album legte man mit „Crown of Ice“ nach, ehe es nach „Call to war“ und „King of Cryptic Forest“ mit „Creatures of the Dark“ dem Ende zuging. Ein solider Auftritt, auch wenn die Stimme des Fronters mitunter etwas rausstach, was aber auch an der Abmischung gelegen haben könnte.
Nach kurzen Umbau machten sich dann die Schwarzwälder von „Finsterforst“ daran, einzuheizen. Immerhin 7 Leute kann nicht jede Gruppe auffahren und auch ein Akkordeon sieht man in diesen Gefilden eher selten auf der Bühne. „Nichts als Asche“ machte schon schnell klar, wohin es gehen sollte: in die Gefilde des Pagan mit dem einen oder anderem Schuss Folk. Dass das gutgehen kann, zeigte sich allein schon an der Reaktion des Publikums, dass sich schon deutlich näher an die Bühne wagte. Die Reibeisenstimme von Fronter Oliver fügte sich überraschend gut ins Gesamtbild ein, auch wenn er später zeigen sollte, dass es auch sehr melodisch geht. Und auch das Akkordeon, das aus jedem Song herausstach, machte eine gute Figur. Hätte mich nicht schon der serste Song weggefegt, wäre es spätestens bei „Lauf der Welt“ um mich geschehen gewesen. Nach „Fremd“ zeigten die Jungs mit „Försterhochzeit“ dass man auch lockerere Töne anschlagen kann.
Den Abschluss machte dann „Ein Lichtschein“.
Die letzte Gruppe des Abends geizte dann erst mal nicht mit Theatralik: Nach Carmina Burana und einem kurzen Einspieler von der Kaptein Kaos-Scheibe strömten die Trolle auf die Bühne. Allein über die Aufmachung könnte man einen eigenen Bericht schreiben – es gehört schon eine gehörige Portion Spass dazu Arztkittel mit Hawaihemden zu kombinieren. Facepaint und Brillen vollendeten bei einigen die Verwandlung in die archetypischen verrückten Wissenschaftler. Bereits zu Beginn hatte man das Publikum fest in der Hand, so dass auch die letzten nach vorne stömten. Dann ging es mit dem titelgebenden „Kaptein Kaos“ gleich rein ins Getümmel. Schnell wurde klar: wer jetzt nicht tanzt, muss definitiv schon tot sein. Mit vollstem Körpereinsatz sorgten die Jungs trotz des überschaubaren Publikums für Laune und geizten dabei nicht mit Show: ob Kostümwechsel, Percussion-Einlagen (man stelle sich Reise nach Jerusalem vor und man kommt dem Bild recht nahe) oder der Versorgung des Publikums mit Alk passend zum Song „Jägermeister“ - mittels einem selbstgebauten Rückentanks mit Spritzdüsen. Auch die Bühnengrenzen waren schon zu Beginn eher Richtlinie als Regel, so dass sich immer wieder Bandmitglieder im Publikum fanden. Aber es wäre nicht Trollfest, wenn man nicht noch einen drauflegen könnte. Und so findet sich am Ende – verkehrte Welt – das Publikum geschlossen auf der Bühne (irgendeinen Vorteil muss so eine kleine Truppe ja haben), um von Zuschauerraum aus beschallt zu werden!
Somit lässt sich zusammenfassend nur sagen: ja, es hat sich gelohnt. Wer den Abend ob Eisregens Absage verpasst hat, der hat sich um ein wirklich geiles Konzert im kleinen Rahmen gebracht. Gerade bei Trollfest wurde hier aus der Not eine Tugend gemacht und ein Feeling erzeugt, von dem man bei größeren Veranstaltungen oft nur träumen kann.
Eure Roadcrew
KoJe und Car Sten