Reviews

Once And Future King - Part 1

Label: Frontiers Records (2003)

Gary Hughes sollte jedem qualitätsbewussten Musikhörer als Mastermind von Ten ein Begriff sein - immerhin hat er sich mit seiner Truppe als einer der wichtigsten Melodic Rock/AOR-Acts zu Recht im Business etabliert.

Seit dem Release von „Far Beyond The World" Ende 2001 war es einige Zeit ziemlich still um den ansonsten eher als Arbeitstier bekannten Briten, und das hatte seinen guten Grund: Mister Hughes hat an einem zwei Teile umfassenden Konzeptwerk gearbeitet, das es wirklich in sich hat.

„Once And Future King" nennt sich die Rockoper, dessen zweiter Teil erst Anfang Oktober das Licht der Veröffentlichungs-Welt erblicken wird.

Erscheinen wird das Ganze im Übrigen nicht unter dem Banner Ten, sondern schlicht und einfach unter Garys bürgerlichem Namen. Der Meister himself war nicht nur für sämtliche Kompositionen zuständig, sondern hat auch seine Griffel an der Klampfe und diversen Tasteninstrumenten gehabt - dass er es sich nicht nehmen ließ, einen Großteil des Gesangs beizusteuern, dürfte klar gewesen sein. Neben Hughes wirken etliche, mehr oder minder bekannte Musiker mit: Arjen Lucassen (Ayreon, Star One) hat leider nur ein Keyboard-Intro beigesteuert, während Gary auf gesangliche Unterstützung u.A. von Lana Lane, Damian Wilson (Ex-Threshold), Irene Jansen (Star One) oder gar Bob Catley (Magnum) zurückgreifen konnte. An den restlichen Instrumenten sind die üblichen Verdächtigen, sprich die eigentlichen Bandmitglieder von Ten am Start.

Diese dürfen sich vor einem monumentalen Story-Hintergrund ordentlich austoben: Getreu seiner britischen Herkunft hat Hughes die keltische Artus-Sage vertont. „Ach, ganz was Neues..." könnte man sich jetzt zu Recht denken, Hughes-Gary wäre aber nicht eben dieser, wenn er sich nicht mit der Ausarbeitung der Hintergrundstory richtig Mühe gegeben hätte. So wird diese selbst historischen und mythologischen Anforderungen vollauf gerecht, statt „Typ zieht Schwert aus Stein, wird König und hat daraufhin nicht nur ein Königreich sondern auch etliche Neider die ihm nach dem Leben trachten" gibt's hier eine grundsolide Storyführung, die sich zwar auch in guten Sachbüchern nachlesen lässt, aber doch mehr als Nullachtfuffzehn bietet.

So weit, so gut - auf die musikalische Umsetzung wird der Leser bzw. Hörer nach diesem langen Vorgeplänkel sicherlich sehr gespannt sein - und diese kann, so viel sei vorweggenommen, den hohen Ansprüchen, welche man zwangsläufig bei einem solchen Aufgebot im Allgmeinen und an Hughes im Besonderen stellt, nicht wirklich gerecht werden.

‚Excalibur', ein mit einem catchy Refrain ausgestattetes Uptempo-Stück und das nachfolgende, hochmelodiöse und wirklich superb gelungene ‚Dragon Island Cathedral' stellen sich in der Gesamtbetrachtung noch als die besten Stücke auf „Once And Future King" heraus. Irgendwie kommen einem aber doch die Melodieführung, die Refrains und vor allem die Gesangslinien sehr bekannt vor ... richtig, klingt alles doch sehr deutlich nach Hughes' Hauptband Ten. Das ist beileibe keine schlechte Sache, aber hier konnte man doch deutlich mehr erwarten. Oder?

Fast schon schlecht wird es hingegen beim poppigen ‚Shapeshifter' oder dem drögen, von Sean Harris (Diamond Head) veredelten ‚Sinner'. Das, meine Damen und Herren, ist kein Melodic Rock oder AOR, das ist, man möge es mir verzeihen, fast schon belangloses Gedudel. Sorry, nicht nur dass ich von dem Endresultat des Ensembles enttäuscht bin, aber gerade diese beiden Stücke würden nicht einmal auf einem „normalen" Album als gutklassig durchgehen. Da kann auch Irene Jansen mit ihrer wirklich tollen Stimme den Karren nicht mehr aus dem Dreck ziehen.

Bob Catley ist mit seinem warmen, einfühlsamen Gesangsstil neben Hughes (der natürlich den Arthur mimt) und der sowieso über alle Zweifel erhabenen Lana Lane noch ein Lichtblick, auch wenn man der alternden Szene-Ikone hauptsächlich balladeske Stücke zugeschoben hat. Und die klingen - der Leser dürfte es bereits ahnen - verdammt auffällig nach Ten. Seufz. Den Rest der Kompositionen kann man doch getrost als "unterdurchschnittlich" abhaken, völlig egal, welchen Maßstab man ansetzt.

Summa summarum ein zweischneidiges Excalibur, das uns hier präsentiert wird. Nicht nur dass der erste Teil der Rockoper trotz fulminanter Besetzungsliste fast wie das klingt, was Hughes mit seiner Stammband fabriziert, nein, auch in puncto musikalischer Ausrichtung hätte ich mir deutlich mehr Extravaganz, sprich mehr „Progressivität" gewünscht. Das hätte der Platte mit Sicherheit gut getan - so findet zwar auch der anspruchslose Hörer schnell einen Zugang zu den Kompositionen, wird aber ebenso wieder jeder andere das Teil nach mehrmaligem Hören enttäuscht und mangels musikalischem Tiefgang in die Ecke pfeffern. Da retten auch drei, vier ziemlich gute Songs nichts mehr, da sich der Rest doch einigermaßen deutlich unter Hughes' Normalniveau befindet. Schade - das hätte nicht nur besser werden können, sondern müssen.

Einen Lichtblick gibt es dennoch: Teil II ist meiner unmaßgeblichen Meinung nach doch um mindestens eine Klasse besser als dieses halbgare Stück Musik. Immerhin.

Rouven Dorn