Reviews

Wicked Wonderland

Label: Edel (2009)

Schon als Teenager habe ich Lita Ford mit ihrer damaligen Kapelle, den "Queens Of Noise", also den Runaways, sehr gemocht, auch wenn sie damals definitiv noch nicht den Sex Appeal der 80er und frühen 90er Jahre hatte...Schaut Euch mal die alten Babyspeck-Bilder an und Ihr wisst was ich meine (damals waren eher Joan Jett und die Currie-Schwestern der Hingucker)!

Ihre erfolgreichste Phase hatte sie dann wohl im langsam ausklingenden Zeitalter des melodischen Heavy Metal, als sie mit 'Kiss Me Deadly' und der mit Ozzy Osbourne im Duett aufgenommenen Killerballade 'Close My Eyes Forever' die Pole Position in den Charts nur knapp verfehlt hat. Mitte der 90er Jahre zog sich die schöne Britin dann zwecks Aufzucht neuer Erdenbürger mit ihrem Ehemann Jim Gillete aus dem Musikgeschäft auf eine Karibikinsel zurück.

Nun scheint sie des Hantierens mit Pfanne und Babyflasche zumindest partiell überdrüssig geworden zu sein und präsentiert uns ihre erste Scheibe seit 1995. Und die ist anders als die früheren Werke. Der Posermetal alter Zeiten ist verflogen und hat einem eher an starken Grooves orientierten Gestampfe Platz gemacht. Das wird sicherlich viele alte Fans irritieren. Auch die in den Lead- und Backing Vocals starke Präsenz ihres Göttergatten dürfte manchen alten Fan sicherlich irritieren. Allerdings gibt es auch bei aller Freude an der Kritik konstante Bezugspunkte. So ist ihr Gitarrenspiel immer noch sehr melodisch und ausdrucksstark. Und den Vorwurf, dass Musiker mit zunehmendem Alter immer weichere Musik machen, fehlt angesichts der Härte von "Wicked Wonderland" jeglicher Nährboden.

Kritiker werden sicherlich auch anmerken wollen, dass der Nu Metal, an dem sie sich ansatzweise orientiert, mittlerweile auch antiquiert sei, aber so schlecht finde ich die Platte auch wieder nicht. Die Texte orientieren sich an Litas und Jims Lieblingsbeschäftigung, Sex in allen Positionen - klar, was wollen sie alleine auf der Insel auch sonst tun? Andere Themen sind eher politischer Natur: Kritik am American Way of Life etc.

Mit etwas geringerem Anteil an männlichem Gesang hätte mir die Platte etwas besser gefallen, aber die völligen Verrisse, die allenthalben stattfinden, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Und auch das Booklet ist mit einem gewissen Maß an Selbstironie gestaltet.

Mein Fazit: Sicherlich keine Platte für die einsame Insel (verzeiht mir diese platte Pointe...), aber auch kein Totalausfall, wenn man entsprechend tolerant an die Musik herangeht.

Frank Scheuermann