Reviews

The Parallel Otherworld

Label: Escapi Music Group (2006)

Eidolon sind immer wieder für eine Überraschung gut, schließlich weiß man nie, ob der Sänger des vorigen Albums auch den Nachfolger stimmlich aufwerten darf. Glücklicherweise betreibt man das Wechselspielchen nicht ganz so exzessiv wie Jack Frost und Seven Witches, so dass der ehemalige Pagan´s Mind-Fronter Nils K. Rude „erst“ der dritte Sänger seit 6 Jahren ist. Aber - um ehrlich zu sein - auch der beste.

Mit „The Parallel Otherworld“ (auf das man 3 lange Jahre warten musste) haben Eidolon aber neben dem „Überraschungselement“ auch eine gute Portion Mut gezeigt. Nicht jede Band würde sich trauen, einen elfminütigen, recht vertrackten und düsteren Song (Titeltrack) als Opener zu verwenden. Vor allen Dingen erst recht nicht dann, wenn der Song sich doch um einiges vom übrigen Material unterscheidet. Das Gaspedal wird hier erst kurz vor Ende durchgetreten, bevor mit ‚Arcturus #9’ das gewohnte Power Metal-Gewitter über der heimischen Stereoanlage hereinbricht und einem ein echtes Brett über den Schädel zieht. Das Gleiche kann man auch von dem mit einem in die Irre führenden Akustik-Intro ausgestatteten ‚Ghost World’ behaupten, einem Stampfer, der in bester Brainstorm-Manier durch die Botanik poltert und keinen Stein auf dem anderen lässt, während das Doublebass-Gewitter ‚Thousand Winters Old’ nostalgische Vergleiche zum 2000er-Kracher „Nightmare World“ zulässt und zusammen mit ‚Arcturus #9’ und dem etwas Queensryche-mäßigen Überhit ‚Astral Flight’ zu den absoluten Highlights der Scheibe gehört.

Alles in allem hat sich bei den Kanadiern eine etwas erhöhte Portion Progressivität eingeschlichen, die die Songs aber keineswegs überfrachtet, sondern eher bereichert. Jeder Song ist voll von kleinen, beim ersten Durchlauf unerkannt bleibenden Details. Somit wird „The Parallel Otherworld“ auch beim zehnten Hördurchgang nicht langweilig, sondern kann immer wieder aufs Neue begeistern. Als einziges kleines Manko würde ich allerdings die Mercyful Fate-Version von ‚The Oath’ herausheben. Wenn Michael Denner und Hank Shermann (beide Mercyful Fate) als Gitarristen für diesen Song verpflichtet werden und Sänger Nils 1:1 nach dem King of Kings klingt, stellt sich mir doch die Frage, wer ein solches Cover braucht. Etwas mehr Mut wäre an dieser Stelle angebracht gewesen.

Fazit: Hammeralbum, bei dem, angefangen beim geilen Coverartwork bis hin zur Produktion, alles stimmt! Sollte man haben!

Michael Meyer