Label: Edel (2017)
Von den Deep Purple Scheiben nach Blackmore und Lord blieb nach kurzer Zeit nicht besonders viel übrig außer: "nett, packs zu den anderen!" Mit der letzten, von Bob Ezrin (Alice Cooper, KISS, Pink Floyd) produzierten Platte hat sich das zumindest in Europa wieder geändert. In Deutschland konnte man sogar die Pole Position der Charts erstmals seit den 70ern wieder erklimmen. Daher schaut nun die ganze Welt gespannt auf "inFinite", das neueste Werk, das wieder unter der Aufsicht von Toronto Bob entstanden ist.
Der erste Höreindruck der ersten Vorabsingle (und Eröffnungsnummer) "Time For Bedlam" ist positiv: Endlich nicht mehr ausschließlich im Midtempobereich und angezogener Handbremse, geht es ganz ordentlich ab. Die Hammondorgel schwillt, dröhnt und wabert zuweilen bedrohlich und setzt das neueste Epos in eine progressive-psychedelische Textur, die so niemand mehr erwartet hätte. Deep Purple verzichten weitestgehend auf modernistische Ansätze und auch Steve Morse hält sich mehr im Hintergrund. Das ist gut so, da er mit seinen messerscharfen, superexakten, aber auch oft nicht besonders gefühlvollen Läufen nicht ganz an mein Herz zu rühren imstande ist. Die großen Riffs sucht man seit etwa 20 Jahren immer noch vergebens, aber die Rhythusarbeit ist vom Allerfeinsten. Das liegt an der banddienlichen Spielweise von Morse, aber auch an der unschlagbaren Truppe Ian Paice/ Roger Glover. Für mich ist "inFinite" noch ein ganzes Stück stärker geraten als der Vorgänger und wird sich definitiv noch eine ganze Weile regelmäßig bei mir drehen. So kann man nur hoffen, dass uns Deep Purple noch eine ganze Weile erhalten bleiben, auch wenn Ian Gillans Gesang nicht mehr die Qualitäten von früher hat. Aber auch er altert mittlerweile mit großem Anstand!
Frank Scheuermann
9/10