Reviews

Road

Label: earMusic (2023)

Nachdem man den Großmeister des makaberen Rock, Alice Cooper ab etwa 2005 fast schon meinte abschreiben zu müssen, hat er sich in den letzten gut zehn Jahren zu einem regelrechten Jungbrunnen von überbordender Kreativität entwickelt. Ob mit den Hollywood Vampires, der Original Alice Cooper Band oder mit seiner stabilen Soloband, er läuft geradezu über vor Kreativität. Innerhalb weniger Jahre haut er eine Scheibe nach der anderen raus und ich finde es geil. Sein letztes Solowerk war eine Hommage an Detroit, seine Heimatstadt. Nun haben er und Toronto Bob Ezrin schon die nächste Platte am Start: "Road" ist eine Liebeserklärung von Alice Cooper und seiner Band an das Tourleben, das bei Herrn Furnier seit etwa 40 Jahren komplett nüchtern als Familienbetrieb stattfindet, das sowohl Frau als auch Tochter als Tänzerinnen mit zum Tross gehören.

Nach der Allstarscheibe "Detroit Stories" geht es jetzt also um die Jungs (und das Mädel), die Bühne und Hotelzimmer auf Monate miteinander teilen, namentlich Ryan Roxie, Tommy Hendriksen, Nita Strauss, Chuck Garric und Glenn Sobel, die man zurecht als die tighteste Band unter Gottes Himmel beschreiben kann. Da sitzt jeder Ton, dass es fast magisch ist. Leider werden die Jungs (und das Mädel) häufig nicht ins Songwriting einbezogen, da der Meister seiner ganz eigenen Vision folgen möchte, und in der spielen maximal noch Bob Ezrin und (wieder) Michael Bruce & Co eine Rolle.

In diesem Jahr hat er sich umentschieden und die Band hat an den Songs mitgewirkt. Das kommt dem räudigen Livefeeling erheblich zugute, vielleicht ein wenig zu Lasten der Finesse - aber das wäre zu viel der Kritik. 

Und damit kommen wir zum Hauptfazit: "Road" macht einfach unfassbar viel Spaß und rockt wie Sau! Anfangs war ich vom Eröffnungssong, der auch die erste Single war, ein wenig enttäuscht, aber Achtung: Das Ding kommt mächtig mit der Zeit und offenbart eine gewisse Ähnlichkeit mit "Elected". 

Es wäre sehr schwer, einen herausragenden Song zu bestimmen, weil ich beim ganzen Anhören das dämliche Grinsen nicht aus den Backen bekomme. Aber alleine das großartige eröffnungriff von "White Line Frankenstein" ist das Geld wert.

Mit "Road Rats Forever" gibt es sogar noch ein genüssliches Selbstzitat vom 1977er Lace & Whiskey Album, das schon im Film "Roadie" (mit Meat Loaf und Alice Cooper) Verwendung gefunden hatte.

Gegen Ende wird es ein wenig besinnlicher mit "Baby Please Don't Go" und "100 More Miles", bevor die Scheibe mit einer Coverversion von The Who in "Magic Bus" ihren gelungenen Abschluss, inklusive eines kleinen Drumsolos, findet. 

Für mich eine überaus gelungene Veröffentlichung, die Lust auf mehr macht. Was man so hört, will sich der Meister aber nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen und arbeitet schon mit Desmond Child an einem musikalischen Nachfolger von Trash... So eine Rückkehr zu 80er Hair Metal von Alice Cooper wäre schon was... 

Frank Scheuermann

11/10 :-)