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Vol. 4

Label: BMG (1972/2021)

Irgend so eine alte Platte von einer alten Band. Quatsch, nein, so kann man das nicht machen. Für viele ist Vol. 4 DIE Black Sabbath Scheibe schlechthin, jedenfalls liegt sie bei den Tonträgern mit Ozzy auf einem Treppchenplatz.

Nach dem noch sehr normal rockigen Erstling, der schon deutlich metallischeren Paranoiud und der an Heavyness bis dato unübetroffenen Master of Reality, begaben sich die Mannen aus Birmingham abermals ins Studio. Diesmal sollte es eine Nummer größer werden und so begab man sich über den großen Teich und klopfte einen echten Meilenstein in die Hollywood Hills. Dass dabei Unmengen an weißen Pülverchen die eine oder andere Nase hochgewandert sind, war schon damals kein Geheimnis, das sich die Band auf dem Innenvover bei der COKE Company von Los Angeles bedankt hat. Die Naivität, dabei an Softdrinks zu denken, müsste man erst einmal aufbringen... :-D

Was soll man über die Songs sagen, was noch nicht gesagt worden ist? Vom eröffnenden Wheels of Confusion, einem Song, gleichermaßen episch wie walzend bis zu Under the Sun wird der Planet sozusagen pulverisiert. Mit drei Ausnahmen, auf die ich später noch eingehen möchte, wird von Meister Iommi die Riffkanone gezündet, wie es in dieser Dichte dann später nie wieder geschehen ist. Tomorrow's Dream, Supernaut, St. Vitus' Dance und das auf die jüngste Sucht anspielende Snowblind sind Göttergaben für jeden Freund der härteren Gangart. Dabei hätten die Riffs, die Iommi in einem Song verpackt hat, locker für komplette Diskographien anderer Künstler gereicht. Daneben gibt es noch drei Stücke, die komplett anders ausfallen. Fangen wir mit dem schwächsten davon an: FX würde heute in dieser Form wohl niemand mehr aufnehme. Iommi war da wohl alleine im Studio und hat mit ein paar Effektgeräten herumgedaddelt. Das Ding ist vermutlich nur dann spannend, wenn man auf LSD glaubt, es handle sich dabei um Signale von Außerirdischen. Egal, die etwa 1,5 Minuten schaffen eine gediegene, entspannt Stimmung vorm nächsten Heavy Riff. Das nennt man Dynamik. Davor ist Changes, ein Song, bei dem Ozzy nur von Rick Wakeman an Klavier und Mellotron begleitet wird. Ein Lied, das seine Fans hat, mir aber immer zu lang und ereignislos war. Der dritte Ausreißer ist in meinen Augen das wundervolle Instrumentalstück Laguna Sunrise, mit seinen wundervollen Akustikgitarren und einem traumhaften Arrangement. Die neue Version dieser Platte klingt kraftvoll und ausgewogen.

Und was bekommt man an Mehrwert? Zunächst einmal ein wundervolles Buch, ein Poster und dann die Musik: Alternativversionen, Arbeitsversionen, Demos, unveröffentlichte Stücke, die es nicht auf die Platte geschafft haben, Stücke, deren Anfänge von der Band versemmelt worden sind und ähnliches.

Außerdem - und hier betreten wir das musikalisch interessanteste Gebiet: Ein vollständiges 1972er Konzert, das damals eigentlich als Liveplatte veröffentlicht werden sollte, dann aber in den Archiven Staub angesetzt hat. Wie hervorragend es doch zwischen Uriah Heep Live January 1973 und Deep Purples Made In Japan gepasst hätte! Mit dabei ist auch ein Stück, das es dann erst auf den Nachfolger Sabbath Bloody Sabbath schaffen sollte: Killing Yourself To Live.

Der Sound ist klasase und jedem Fan der Band ans Herz zu legen. Dieses tolle Reissue gibt es in zwei Formaten: 5 LP Box und 4 CD, jeweils mit fettem Buch. Wegen der Größe des Buchs ist allemal die LP Version vorzuziehen. Einziger kleiner Nachteil: Auch wenn hinreichend Fotomaterial vorhanden ist, hätte man die LP Hülle, in der die Originalplatte beheimatet ist, so umfangreich wie die 1972er Version ausstatten können, nämlich mit Klappcover und 8-seitigem Booklet, das in die Mitte des Klaoppcovers geheftet war. Das fehlt und das hätte ich sehr schön gefunden. Aber das ist angesichts der gelieferten Ware schon Jammern auf extrem hohem Niveau!

Frank Scheuermann

11/10 (:-D) 

 






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