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Nothing Has Changed

Label: Warner Music (2014)

"Nothing Has Changed" - unpassender kann ein Musiker, der als das Chamäleon des Rock bekannt ist, seine Best of Zusammenstellung nicht benennen. Und daher findet sich im Booklet auch in ständigem Wechsel dieser Titel mit dem alternativen "Everything Has Changed", ein kleines Augenzwinkern, das angesichts der Stilvielfalt der hier gebotenen Musik durchaus angemessen ist.

Im Gegensatz zu anderen werkumfassenden Kompilationen gehen die Herausgeber dieser Kollektion in weitgehend umgekehrt chronologischer Reihenfolge vor: Man beginnt mit einem brandneuen Song, der ebenfalls als Single zu erwerben ist. Wie die meisten von Bowies Großtaten durch die Jahrzehnte, wurde die Nummer von seinem ehemaligen Bassisten Tony Visconti ("The Man Who Sold The Wolrd") produziert, immerhin ein Mann, der schon Marc Bolan, den alten besten Freund von David Bowie mit T.Rex in den 70ern zum absoluten Superstar gemacht hat.

Die neue Nummer "Sue" ist ein nettes Lied, das Bowies Trend der letzten Jahre, nämlich die Synthese all seiner gespielten Musikstile zum Karriereende hin zu erstellen, konsequent fortsetzt. Die anderen Songs sind alle hinlänglich bekannt, auch wenn sie zum Teil in editierten oder remasterten Versionen vorliegen. Auffällig ist der Schwerpunkt dieses Samplers auf den letzten zwanzig Jahren, unter voller Berücksichtigung seiner an die elektronische Musik der 90er angelegten Schaffensphase, die er selbst einmal als Heavy Metal trifft Techno bezeichnet hat (Metal waren dabei zumeist nur die Gitarrenspuren von Reeves Gabrels!). Dazu gibt es auf der zweiten CD eine bunte Mischung vor allem seines poporientierten 80er Jahre Outputs, der gegen Ende der 2. CD mit seiner sogenannten Berliner Phase (Low bis Lodger), die seinen Abschied vom Heroinkonsum markiert und durch eine weitgehend kalte Produktion gekennzeichnet ist - vielleicht eine der kreativsten Phasen im Wirken Bowies.

Auf dem dritten Silberling betreten wir den Bereich, der David Bowie zum Weltstar gemacht hat: blue-eyed Soul (Young Americans), endzeitlicher Protopunk (Diamond Dogs), schwelgerischer Glamrock (Aladdin Sane, Ziggy Stardust) und seine sehr abwechslungsreiche Frühphase, die von psychedelischen Popsongs über Folk, Proto-Metal und Barmusik nahezu alles abdeckt, was dieser Mann zwischen 1965 und 1971 so getrieben hat.

Dieses Boxed Set wird angepriesen als die umfassendste Werkschau, die es von Bowie bisher gegeben hat. Das stimmt insofern, als Songs aus den Jahren 1965-2014 vertreten sind. Das stimmt insofern nicht, als essentielle Tracks vieler Phasen komplett unter den Tisch fallen, weil man sich auf drei CDs beschränken wollte.

Unterm Strich finde ich das Sound & Vision Boxed Set ausgewogener, obwohl die letzten zehn Jahre fehlen - dafür gibt es eben mehr vom essentiellen Stoff der brillianten 70er Jahre. Trotzdem eine wertige Anschaffung, weil eben auch einmal seine elekronischen Sachen (Outside, Earthling, Buddha From Suburbia) auf einem Sampler vertreten sind.

Frank Scheuermann

7/10






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