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Astronomicon

Label: Earache (2002)

Bei der Flut von Gothic Bands fällt es zurzeit sehr schwer, zu filtern und zu erkennen, was gut und was schlecht ist. Oftmals kopieren Bands ihre Kollegen aus dem Genre und setzen eigentlich nur ihren Namen auf das CD-Cover. Aber dies trifft glücklicherweise nicht immer zu...
Without Face aus Ungarn verkörpern die klassischen Gothic Elemente in einem eigenständigen Mix aus weiblich-gefühlvollen Gesang, männlich cleanen und düster-aggressiven Gesang, dazu sehr vielfältige Keyboardparts und ein schleppendes Drumming. Obwohl ´Progressivität´ groß geschrieben wird, was Songs wie der Opener ‚Weird Places’ (sehr einprägsamer Refrain) oder das düster angehauchte ‚...In The Garden’ beweisen gibt es Ausreißer unter den Songs: ‚The Violin Of Erich Zann’ besitzt nicht nur einen merkwürdigen und ausgefallen Songtitel, nein, die Struktur des Liedes ist genauso verwirrend. Nachdem die einleitende Violine (wahrscheinlich gespielt von Erich Zann...) in das Lied einführt, eröffnet sich dem Hörer eine Welt voller komplexer Melodien und songtechnischer Gefühlsergüsse: Teilweise 3-stimmige Parts und sich battelnde Drums und Keyboardmelodien verhelfen dem Song zum Status ´sehr interessant´. Übergangslos geht’s dann weiter mit ‚Talamasca’, welcher sich nicht großartig zu seinem Vorgänger unterscheidet und genauso gut noch in den Kontext zu ‚The Violin Of Erich Zann’ gepasst hätte. Der einzige richtige ´Ausreißer´ ist aber der Rausschmeißer ‚Daimonion’ mit seinem sehr ruhigen und gefühlvollen Image hervorgerufen durch Klavierklänge vom Keyboard und der wunderschönen weiblichen Begleitstimme. Dazu ein anfängliches Kaminfeuerknistern und fertig ist ein Song zum Kuscheln. Mit knappen 44 Minuten auf 6 Lieder verteilt ist mir die CD aber zu kurz geraten und mit zu wenig unterschiedlichen Songs versehen. Wenn Without Face mit „Astronomicon“ mehr Vielfalt präsentiert hätten, wären sie für mich im oberen Viertel der Gothic Top-Acts einzuordnen, in diesem Fall aber werden sie es schwer haben, sich bei der Menge Bands durchzusetzen. Aber man soll ja nie nie sagen...

Thomas Schmitt