Reviews

V.A.
Hazy Dreams - A Jimi Hendrix Tribute

Label: Edel (2003)

Die Wiener Chorknaben singen die schönsten Flötensoli von Ian Anderson, Heino‘s Tribute to Venom, Alice Cooper salutes Andy Borg...Alles Titel von Tribute-Alben, die wir bislang vorenthalten bekamen. Statt dessen werden mittlerweile fast wöchentlich von zwit- und drittklassigen Labels eigentümliche Kompilationen mit mal eher schlecht, mal eher recht abgekupferten Coverversionen unters Volk gebracht. Der musikalische Sinn ist in den allerseltensten Fällen einzusehen. Zumeist sind die Tribute-Versionen überflüssig, zuweilen sogar ärgerlich. Eine der wenigen rühmlichen Ausnahmen, die ich bisher ausmachen konnte war „Black Night-A New York Tribute To Deep Purple“, bei dem unter der Ägide von TM Stevens vornehmlich schwarze Künstler diese Musik in ein völlig neues Gewand hüllten. Seit heute ist mein Plattenteller um eine weitere sinnvolle Tribute-Platte reicher. „Hazy Dreams“ ist ein genialer Zug in Richtung Wiederentdeckung des schwarzen Künstlers Jimi Hendrix, die ihn als Wegbereiter von Funk genauso würdigt, wie seiner Verdienste als Sprecher der farbigen Bewegung in den 60er Jahren und ihn somit aus den Fängen der weißen Mittelschicht und deren jugendlichen Exponenten, welche ihn nun über 30 Jahre nahezu fundamentalistisch als Ahnen der Hard’n’Heavy Stilrichtung usurpierten. Unter der Mitwirkung von Szenegrößen wie George Clinton (Funkadelic,Parliament - wer wäre besser geeignet als er, das schwarze und das weiße Erbe in Hendrix Musik wieder zusammenzuführen, der sich seit Jahrzehnten um eine Symbiose von Hardrock und Funk bemüht!) oder Ice-T, der Ähnliches in den 90ern mit Body Count versucht hat. Daneben findet sich eine illustre Schar auch von weißen Studioprominenten (Jeff Pilson, Steve Lukather, Gilby Clarke etc.), welche die Ansätze des italienischen Produzententeams Scalabrino und Grossi kongenial umsetzen. So entsteht ein dichtes Klangbild aus Rap und Ballade (Little Wing), Heavy Rock (Crosstown Traffic), Funk’n’Roll (Hey Joe) und Blues (The Wind Cries Mary). Die Originale werden kräftig durcheinander gewirbelt, ohne dass der Respekt vor ihnen verlorenginge. Eine vergnügliche Scheibe für tolerante Zeitgenossen.

Frank Scheuermann