Reviews

Tokyo Dome In Concert

Label: Warner Music (2015)

Seit fast vier Dekaden sind Van Halen nun eine feste Größe in der internationalen Hardrockszene. Vor allem in den 80er Jahren waren sie das Maß aller Dinge. Nach etlichen musikalischen Höheflügen, die mit einem Support für Black Sabbath 1978 begannen, bei dem sie den Topact (auch wegen desser internen Querelen) regelmäßig an die Wand spielten und wobei Eddie Van Halen mit seinem 6-saitigen Exzess "Eruption" ganze Generationen zukünftiger Gitarristen prägte und nebenbei ein Instrument im Alleingang fast völlig neu definierte, erschienen die ehemaligen Hardrockhelden viele Jahre fast nur noch in den Klatschmagazinen. David Lee Roth, der Originalsänger, war der erste, der die Truppe verließ, nur um von US-Metal-Legende Sammy Hagar als Sänger und zweiter Gitarrist ersetzt zu werde. Kommerziell ging es bis Anfang der 90er Jahre wieder bergauf, bis auch Sammy Hagar ob der nicht ganz pflegeleichten Art der Van Halen Brüder das Weite suchte und kurzfristig durch Gary Cherone, ex-Extreme, ersetzt. Danach wurde es endgültig grotesk, da David Lee Roth für zwei neue Songs einer Best Of Scheibe zurückkehrte, nur um anschließend sofort wieder gefeuert zu werden, um wiederum Platz zu machen für den zurückkehrenden Sammy Hagar. Das einzige Lebenszeichen dieser Phase war ein erneuter Sampler mit wiederum zwei neuen Sammy Hagar Songs.

Und dann vor zwei Jahren die Sensation: Ein komplettes neues Album mit David Lee Roth und Wolfgang Van Halen am Bass, der den Urbasser Michael Anthony ersetzen  musste, der den ständigen Irrsinn wohl über hatte und lieber mit seinem Kumpel Sammy Hagar abhängen wollte, was man ihm wohl seitens der Van Halen Brüder als Verrat auslegte. Anschließend ging die Band auf Tour. Nun liegt ein Mitschnitt des 2013er Konzerts in Tokyo vor. Nach all dem Irrsinn im Vorfeld war ich mir nicht sicher, ob sich das Anhören wirklich lohnen würde, zumal sich diese Platte mit der sehr guten "Right Here, Right Now" messen lassen muss. Nun, der voyeuristische Aspekt meines Interesses wird nicht bedient. Vielmehr spielt sich die Band durch einen sehr coolen und in Teilen recht humorvollen Set, der alle Großtaten der Alben "Van Halen", "Van Halen II", "Women And Children First", "Fair Warning", "Diver Down" und "1983" umfasst, dazu einige Songs der damals aktuellen Studioscheibe "A Different Kind Of Truth". Schade, dass auf der CD nirgends vermerkt ist, wer die Keyboards spielt. Aber auch so macht das Teil, in dessen Booklet man wohlweislich auf Photos verzichtet hat, ordentlich Spaß. David Lee Roth gefällt sich in der Rolle des clownigen Conferencies, der Rhythmus kommt satt, auch wenn ich persönlich Michael Anthony sehr vermisse. Eddie spielt so inspiriert, wie schon seit vielen Jahren nicht mehr (immerhin liegt die letzte wirklich gute Van Halen Veröffentlichung vor "A Different Kind Of Truth" schon fast 2,5 Dekaden ("For Unlawful Carnal Knowledge") zurück.

Für alle, die schon fast nicht mehr damit gerechnet hätten, unter dem Namen Van Halen ein vernünftiges Produkt zu bekommen, ist dieses Teil ein riesiger Hoffnungsschimmer. Und jetzt noch ein Video hinterher und eine coole neue Studioscheibe...

Frank Scheuermann

9/10