Reviews

Remasters

Label: Classic Rock Legends (2001)

Veröffentlichungen die mit dem Markenzeichen ´Uriah Heep´ versehen sind, können in zwei große Kategorien unterteilt werden: 1.) CDs, welche den Backkatalog der Band plündern und zum Wohle der Geschäftsleute gemacht werden, die auch mit dem 749. Sampler immer noch den schnellen Euro / Dollar etc. machen wollen, ohne dass die Band davon etwas sieht. 2.) CDs, die von der aktiven Besetzung veröffentlicht werden und den Lebensunterhalt der beteiligten Musiker sichern sollen. Nach dem Zusammenbruch von Bronze Records (1983) gingen die Rechte an allen alten Songs von UH (die ´Klassiker´) an Geschäftsleute, welche das Songmaterial aufs Heftigste ausplünderten - größtenteils ohne Wissen der Band. Ach so, warum ich das so raumgreifend erzähle? Nun, weil man ohne diese Vorgeschichte nicht sofort versteht, warum UH die vorliegende DCD aufgenommen haben. Bei „Remasters“ handelt es sich also keineswegs um ´remasterte´ Klassiker, sondern um Neueinspielungen und Alternativversionen, die allesamt von der aktuellen Besetzung vorgenommen worden sind. Es handelt sich hier nicht um einen ´KISSesken´ Versuch an die Kohlen der Fans heranzukommen. Statt dessen wollte man versuchen, alle großen Hits der Bandhistorie in einem zeitgemäßen Sound und auf einheitlichem Klangniveau zu präsentieren, spielt doch das aktuelle Line-Up länger zusammen, als irgend eine andere Besetzung von Uriah Heep. Natürlich hat das auch mit Vergangenheitsbewältigung zu tun (siehe DVD-Kritik „Acoustically Driven“), die Richtung ist jedoch eindeutig die Zukunft! Schenken wir nun den Neueinspielungen unsere Aufmerksamkeit: Sofort fällt auf, dass die Arrangements einiger Songs im Vergleich zu den Originalen z.T. deutlich verändert sind. Das unvermeidliche ‚Lady In Black’ kommt nicht mehr wie das von Ken Hensley gesungene Original mit einem Overkill an akustischen Gitarren und getragen von einem schwebenden Mellotron daher. Statt der Mick Box’schen Les Paul wird der Leadbreak von Phil Lanzon (Keyboards) übernommen. Hier wird bereits deutlich, wie die Veränderungen begründet sind: besaß man mit Ken Hensley früher einen hervorragenden zweiten (Slide-)Gitarristen, muss die Band heute mit einem Ersatzmann(?) vorlieb nehmen, der ausschließlich die Tasten bedient. Das ist bestimmt kein Schaden, verändert jedoch zweifelsohne einige Strukturen in den Songs. Ein deutliches Beispiel hierfür findet sich auch in ‚Return To Fantasy’, welches einige Veränderungen im Ablauf hinnehmen musste. Interessant stellen sich dem Zuhörer auch die ´Unplugged´-Arrangements einiger Klassiker dar. Nennenswert ist hier vor allem ‚Blind Eye’, das wiederum im Gegensatz zu „Acoustically Driven“ sein E-Gitarren-Intro behalten hat, trotzdem aber um Flötenpassagen erweitert wurde. Produziert wurde die Scheibe übrigens von Pip Williams (u.a. Status Quo), der mittlerweile zum Haus- und Hofproduzenten von UH aufgestiegen ist und daher den derzeitigen Sound der sympathischen Rock-Dinos im Detail kennt. Bleibt letztendlich festzustellen: Diese sehr schön aufgemachte DCD mit tollem Roger Dean Artwork gehört sicher nicht zu den lebensnotwendigen UH-Veröffentlichungen. Geht man jedoch als Band ein solches Remake der eigenen Klassiker an, dann bitte so, wie es Uriah Heep in diesem Fall gemacht haben. Kleiner Kritikpunkt am Rande: ein paar Informationen über die Gastmusiker (Flöte bei ‚Blind Eye’: Thijs van Leer oder Ian Anderson?) etc. wären wünschenswert gewesen! Außerdem wurde die gesamte ´Peter Goalby-Phase´ der Band nicht gewürdigt (ganz zu schweigen von John Sloman)...!

Frank Scheuermann