Reviews

Politics

Label: Intono Records (2014)

An und für sich ist es ja nicht mein übliches Genre, das die Damen bedienen, und so war es auch ein – glücklicher – Zufall, dass ich über ihr neues Album und die zugehörige Tour gestolpert bin. Die Damen sind nun schon länger unterwegs und gut rumgekommen. Das ist durchaus auch wörtlich zu verstehen, auch in Polen wurde schon getourt und Sängerin Charlotte Klauser hat es sogar schon nach China verschlagen. Die Entstehungsgeschichte der Band wirkt dabei mit ihren Ursprüngen in einer Schülerband und der Teilnahme an Wettbewerben fast schon klischeehaft. Davon sollte man sich aber nicht täuschen lassen, mit einer 08/15-Schülerband haben die Damen schon länger nichts mehr gemeinsam.
Immerhin 5 Jahre musste man sich seit dem Vorgängeralbum gedulden, was erst man viel wirkt, sich aber bei genauerem Blick auf die Bandgeschichte als „logische“ Konsequenz aus Besetzungswechseln und dem Wechsel des Labels entpuppt. Wenig überraschend, dass der Grundton des Albums sich doch merklich unterscheidet. Wo „Not Part of the Deal“ noch rotzig-unverschämt daherkam, wirkt „Politics“ harmonischer, teils auch runder und trägt der Entwicklung der Band Rechnung. Das soll aber nicht heißen, dass nicht auch die rockigeren Klänge Raum kriegen, bereits der erste Track macht unmissverständlich klar, dass nicht nur gesäuselt wird und das fetzige „Make of Me“ konnte man ja bereits im Video bewundern. Im titelgebenden „Politics“ kommt man eher balladesk daher. Inhaltlich geht’s hier aber nicht um die allenthalben schwelenden Konflikte auf der Welt, vielmehr nimmt man die zwischenmenschliche „Außenpolitik“ kritisch unter die Lupe. Den Platz des obligatorischen Covers nimmt „Motorcycle Emptiness“ von den Maniac Street Preachers ein, dem man einen ansprechenden neuen Anstrich verpasst hat.
Schön gelungen ist auf der Scheibe die Mischung aus langsameren, gefühlvolleren Stücken und fetzigen Tracks, die Erinnerungen ans Vorgängeralbum wecken. Nachdem die Damen ja, wie oben bereits erwähnt, nicht unbedingt in meinem normalen Dunstkreis liegen, hieß es erst mal recherchieren. Nicht nachvollziehbar sind für mich dabei einige recht kritische Echos in den Rezensionen. Ja, die schwarzen Schafe erfinden das Rad des Alternative Rock jetzt nicht unbedingt neu. Warum man das jetzt allerdings als notwendiges Kriterium für ein gelungenes Album heranziehen muss und sich nicht an dem erfreuen kann, was geboten wird, weiß ich nicht. Natürlich ist man deutlich ruhiger unterwegs als die Konsorten aus dem Hardrock- oder gar Metalbereich und selbstverständlich gibt’s auch poppigere Untertöne. Eine gangbare Alternative zum Mainstream findet der geneigt Hörer hier allemal.
Insgesamt also eine klare Lauschempfehlung. Selbst wer dem Genre – so wie ich – eigentlich nicht zugeneigt ist, könnte hier positiv überrascht werden. Kleiner Tipp am Rande: sofern man die Damen mal live sehen kann, sollte man sich das gönnen. Es lohnt sich.

9/10

KoJe