Reviews

Still Dangerous - Live At The Tower Theater Philadelphia 1977

Label: Rough Trade Distribution (2009)

Wenn dermaleinst die ultimative Geschichte der Rockmusik geschrieben wird, dann ist es unzweifelhaft, dass darin bestimmte Interpreten vorkommen: Jimi Hendrix, Jim Morrison, Iggy Pop, Alice Cooper, Motörhead und einige andere mehr. Und bei einem bin ich mir ebenfalls extrem sicher: Phil Lynott wird zur ewigen Ikone erhoben werden. Der Mann, der fast im Alleingang den Sound der Band bestimmte, auch wenn dazu noch die beiden Leadgitarren notwendig waren.

Phil Lynott ist bereits zu Beginn des Jahres 1986 nach einer etwas zu übertriebenen Party von uns gegangen und hat seitdem eine mehr als schmerzliche Lücke auf diesem Planeten hinterlassen. Aber: Es muss noch tonnenweise unveröffentlichtes Material geben, das nun doch noch häppchenweise den Fans zugänglich gemacht wird. Und mit "Still Dangerous" wird hier ein echter Edelhappen in die CD-Läden gestellt. Entstanden sind die Aufnahmen auf der 1977er Tour, also im gleichen Zeitraum wie die Aufnahmen zu "Live & Dangerous", jenem fast unerreichbaren Livedokument, das alle Livealben seither (und egal von welcher Band!) zu verspotten schien. Lediglich ein Makel haftete dieser Scheibe aller Scheiben an: Viele behaupteten, dass die am Ende in die Geschäfte gestellte Platte nur noch wenige Livespuren enthalten habe, der Rest sei im Studio entstanden.

Nach über dreißig Jahren liegt mit "Still Dangerous" nun ein Dokument vor das beweist, dass Phil Lynott, Brian Robertson, Scott Gorham und Brian Downey sehr wohl ohne Netz und doppelten Boden zocken konnten. Und wie! Diese Aufnahmen, allesamt aus dem Tower Theater in Philadelphia am 20. Oktober 1977, verweisen sowohl die Kritiker als auch die Mitschnitte, die auf "Live & Dangerous" gelandet waren, auf die Ränge. Hier hört man eine Band, die in Vollendung zusammenspielt. Man bekommt den Eindruck, dass Gorham und Robertson zwar zwei Gitarristen waren, jedoch mit einem gemeinsamen Gehirn ausgestattet gewesen sein müssen. Vergesst die Gitarrenläufe von Iron Maiden. Das hier hat nicht nur mehr Klasse - es hat auch viel mehr Gefühl!

Und warum sollte sich ein Thin Lizzy Fan, der schon "Live & Dangerous" hat diese Platte zulegen? Nun, er bekommt hier erstmals Liveaufnahmen der klassischen Besetzung, die bald darauf endgültig zerbrach, von Songs, die bislang nur in Studioversionen erhältlich waren, darunter so unverzichtbare Nummern wie 'Opium Trail' (Hammer!), 'Me And The Boys' und 'Soldier Of Fortune', das hier als Eröffnungsnummer Verwendung findet. Wenn wir hier eine Punktewertung hätten, dann wäre das hier die satteste "10", die ich jemals gehört habe. Und das nicht nur aus Sentimentalität. Unglaublich intensiv!

Frank Scheuermann






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