Reviews

Hardrock Legends Vol. 2 Rockpalast 1981

Label: Made in Germany (MIG) (2010)

Als die meisten von Euch noch nicht mehr als ein lüsterner Gedanke im Schädel Eures Vaters waren, saß ich bereits in unregelmäßigen Abständen vor unserem damals neuen Farbfernseher und hoffte auf die Ausstrahlung von Rockpalastsendungen. Diese waren damals so ziemlich die einzige Möglichkeit, vernünftige Musik im deutschen Fernsehen präsentiert zu bekommen. Interpreten wie Rory Gallagher, The Who, The Grateful Dead und Konsorten zählten damals zu den absoluten Highlights. Und wenn man vorher wusste, dass eine solche Konzertaufzeichnung mit wichtigen Musikern kam, dann setzte man sich mit seinem Monokassettenrekorder in unmittelbare Nähe des Fernsehlautsprechers. Wenn man Glück hatte und die Schwester nicht drüberlaberte oder die Eltern nach gemachten oder nicht erledigten Hausaufgaben fragten, dann konnte man es schaffen, einen Mitschnitt in akzeptabler Qualität zu bekommen.

Genau so war das auch damals im Januar 1981, als das Konzert des kurz zuvor bei UFO ausgestiegenen Gitarrengottes Michael Schenker mit seiner neuen Band vom WDR übertragen wurde. Hier waren technisch versierte Musiker am Werke, die aber mit strammem Selbstbewusstsein und handwerklicher Finesse die großartigen Songs des MSG Debüts plus einige unverzichtbare UFO Klassiker zum Besten gaben. Mit dabei, der mittlerweile wieder zurückgekehrte Gary Barden als Sänger (und bei 'Into The Arena' sogar als Rhythmusgitarrist zu hören!), Paul Raymond an Gitarre und Keyboards (ex-UFO, ex-Chicken Shack, ex-Savoy Brown), Chris Glen (ex-The Sensational Alex Harvey Band) und Cozy Powell (ex-Jeff Beck Group, ex-Bedlam, ex-Rainbow). Die Band rockte in jugendlicher Zuversicht und in grenzenlosem Vertrauen auf die eigene Kompetenz alles in Grund und Boden, so dass diese CD und die sie begleitende DVD mit dem gleichen Konzert, zu den absolut unverzichtbaren Mitschnitten der frühen 80er Jahre gehört. Auch für Freunde des Zeitkolorits ist es ganz interessant, sich die Frisuren und Klamotten der Besucher bei den Kameraschwenks rein zu ziehen.

Leider hielt diese Besetzung von MSG nur noch ein halbes Jahr, eine Studioplatte ("MSG II") und eine Live Doppel LP ("One Night At Budokan", 1981), dann waren nur noch Michael Schenker und Chris Glen von dieser Formation übrig, auch wenn Gary Barden immer mal wieder zwischendurch auftauchte. Hätten die Egos (vor allem die des charismatischen Namensgebers und des bekannten Drummers) hier nicht die Hoheit behalten sondern der musikalische Auftrag, wir hätten noch unglaubliche Dinge zu hören bekommen. So liegt uns aber endlich dieses Vermächtnis einer sensationellen Band vor, die mit den MSGs der Jahre 1997-2006 so überhaupt nichts gemeinsam hatte - außer dem Namen. Chapeau!

Frank Scheuermann