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Lost In My Dream: The Island Anthology 1968-74

Label: Esoteric Recordings (2009)

Wenn es um die "Erfindung" des Hardrock respektive Heavy Metal geht, dann wird zu unrecht meistens ein Name vergessen: Spooky Tooth. Mit düsteren Themen und schweren Gitarrenriffs über drohenden Orgelakkorden verschaffte sich die Band den Respekt ihrer Zeitgenossen. Außerdem standen sie vom Sound her Pate für alles zwischen Black Sabbath und Deep Purple, Uriah Heep und Atomic Rooster.

Nun erscheint erstmals eine befriedigende Kompilation dieser wegweisenden Gruppe aus England um den herausragenden Sänger Mike Harrison. Besonderes Schmankerl für alle Fans sind zwei bislang unveröffentlichte Stücke aus dem Jahr 1968, die es qualitativ gleichberechtigt auch auf "Spooky Two" hätten schaffen können. Es wird (unter Aussparung der Platte "Supernatural Fairy Tales", damals noch unter dem Bandnamen Art veröffentlicht) der komplette Bogen durch die Jahre beim Island Label gespannt, also von 1968-74.

Dabei sind natürlich auch hippieske Momente zu finden (vor allem vom Debüt "It's All About"), daneben aber auch Hardrockkracher wie 'Evil Woman' oder das später von Judas Priest gecoverte 'Better By You, Better Than Me' von "Spooky Two". Sogar "Ceremony" wird mit einem Song gewürdigt, obwohl der französische Avantgarde-Komponist Pierre Henry alles getan hatte, diese Scheibe mit nervtötenden elektronischen Piepsgeräuschen unerträglich zu machen...Sogar die späteren Scheiben wie "The Last Puff", das mit einer fast komplett anderen Besetzung (u.a. Musiker der Grease Band) eingespielt wurde, oder die beiden mit dem zurückgekehrten Gary Wright eingespielten hervorragenden Platten "You Broke My Heart So I Busted Your Jaw" (was für ein geiler Titel!) und "Witness" (beide mit dem jungen Mick Jones - später Chef und Gitarrist von Foreigner! - an der Klampfe eingespielt) werden berücksichtigt. Die letzte LP nannte sich "The Mirror" und konnte nicht mehr auf der ganzen Linie überzeugen, war doch auch Mike Harrison mittlerweile zu einer mäßig erfolgreichen Solokarriere übergegangen. Trotzdem konnte sein Ersatzmann, der legendäre Mike Patto (Sänger der Bands Timebox, Patto und später Boxer, 1978 an Kehlkopfkrebs verstorben) noch durchaus überzeugen.

In ihrer Gesamtschau liefert diese Zusammenstellung genau das, was sich ein Freund der späten 60er schon immer gewünscht hat: Eine Werkschau aus einer Epoche, als die ganze Musik im Fluss war und noch keine engen Stilschubladen die Kreativität der Musiker unzulässig eingeschränkt haben. Phantastische Musik für offene Ohren! Leider fehlen die Reunion Aufnahmen der letzten zehn Jahre, aber man kann ja schließlich nicht alles haben...

Frank Scheuermann