Reviews

Crayons

Label: Sony (2008)

Hä, wie? Donna Summer bei einem Metalmagazin? Gibts nicht! Hat man als braver Headbanger in den 70ern und 80ern nicht aus Prinzip alles hassen müssen, was von der ehemaligen Queen of Disco gekommen ist? War das nicht alles pauschal zu verurteilen? Nun, wer in engen Schubladen denkt, der braucht jetzt wirklich nicht weiter zu lesen. Ich selbst habe als Teenager ganz ähnlich gedacht, aber das ist jetzt auch schon dreißig Jahre her...Ich darf es mir jetzt erlauben, Musik an ihrer Qualität und nicht an ihrer Schublade zu messen. Und als (immer noch!) Headbanger muss ich auch einmal sagen, dass mir eine schlechte Rock- oder Metalproduktion mehr weh tut als ein Popprodukt. Übrigens hat sie doch zwei Hard'n'Heavy-Verbindungen aufzuweisen: Sie war in den 70er Labelmate von Kiss und sang Ende der 60er und Anfang der 70er im deutschen "Hair" Ensemble zusammen mit Jutta Weinhold (Zed Yago und Velvet Viper)! Soweit zu meiner Selbstrechtfertigung.

Lässt man also alle Schubladen außen vor, so muss man attestieren, dass es Donna Summer auf ihrem ersten neuen Album seit 17 (!) Jahren gelungen ist, eine perfekt inszenierte Popplatte auf die unvorbereiteten Käuferschichten loszulassen. Und die Songs haben alle einen stark ausgeprägten Groove (was mich als alten Stax und Motown-Fan absolut nicht stört!). Die Hooklines fressen sich in den Gehörgängen fest und werden mit einer Freude vorgetragen, die man von dieser Dame der Generation 60+ (okay, sie wird erst im Dezember 60...) so nicht mehr hätte erwarten dürfen. Dafür hat sie sich mit Produzenten und Songschreiber zusammengetan, die normalerweise für Santana, Shakira oder Pink arbeiten. Daraus ergibt sich ein absolut zeitgemaäß klingendes Werk, das es verdient hätte, mindestens gleichberechtigt mit den Platten Madonnas genannt zu werden, zumal auch Donna Summer im Vergleich zu billigen Popsternchen immer an der Entstehung ihrer eigenen Songs beteiligt war.

An alle openminded people daher die Empfehlung, lieber diese CD bei der Freundin im CD-Player drinnen zu lassen, bevor sie auf die Idee kommt, eine schlechte Popplatte aufzulegen! Denn Donna Summer hat wenigstens ihr Handwerk gelernt und ist innerhalb ihres Genres immerhin eine echte Hausnummer (...außerdem hat sie alleine mehr Platten verkauft als die kompletten Bereiche Death, Black und Gothic Metal zusammen...)!

Frank Scheuermann