Reviews

We Live In Paradise

Label: S.A.D. Music (2004)

Für mich gab es zum Nikolaus dieses Jahr einen weiteren Grund zur Freude. Nicht nur, dass ich endlich meine Stiefel nicht mehr putzen muss, weil ich inzwischen weiß, dass dem Nikolaus das egal ist, nein auch die Münchner Band Alev haben ihr Album „We Live In Paradise“ veröffentlicht. Der erste Output der Band mit Label im Rücken, einen Erfolg den sie sich nach zwei Jahren redlich verdient haben. Außerdem sind ihre beiden in Eigenproduktion erschienenen Demo-CDs „Breakable“ und „Broken“ mittlerweile ausverkauft. Doch nicht nur ihre Platten waren schon früher ein Erfolg, auch ihre Live-Auftritte haben es in sich. Wer die Band, wie ich, bereits auf der Bühne gesehen hat, vielleicht sogar auf einem der 25 Open Airs die auf denen sie alleine 2004 spielten, weiß was für eine Power in dieser Band steckt. Alev ist eigentlich der Name ihrer Sängerin, doch bedeutet er aus dem türkischen übersetzt „Flamme“, entsprechend heiß geht es auf ihren Konzerten zu. Und nicht nur ihr Name verbindet sie mit der Türkei, denn Sängerin, Alev Lenz, hat türkische Vorfahren, was ihnen bestimmt am Anfang ihrer Karriere im Land des Döners geholfen hat, doch was folgt ist schon unglaublich. Direkt nach dem VÖ ging die Band dort auf Tour, natürlich nicht einfach so, sondern verbunden mit Unmengen TV-Auftritten, unter anderem bei einer Art „TV Total“ was dort mindestens so erfolgreich ist wie bei uns. Passend dazu gibt es den Song ‚If We Ever’ als Bonus-Track auf Türkisch, hier heißt er dann ‚Bugün Degismeszek’. Klingt zwar komisch, doch wenn man sich erst einmal an die fremde Sprache gewöhnt hat, singt man hier genauso schnell mit wie das bei allen anderen Songs der Fall ist - auch ohne ein Wort zu verstehen. Die restlichen Sogs sind dann zum Glück doch auf Englisch, sonst könnte ich jetzt nämlich zum Beispiel nicht schreiben, dass die Texte nichts mit dem üblichen Lolita-MTV-Girlpower-Scheiß zu tun haben, den man sonst leider von Sängerinnen gewohnt ist. Vielmehr behandeln sie Themen wie zwischenmenschliche Beziehungen, Selbstbehauptung, die Schwierigkeiten wenn man seinen eigenen Weg gehen möchte und manchmal auch das Gute im Menschen. In ‚Where Is The Horse?’ heißt es zum Beispiel „I believe in the good in men. Well, I am a dreamer! Have you resigned?”, hier geht es also nicht um ein Mädchen das ihr Pony vermisst, sondern um die Märchen die man als Kind hörte und um die Träume die man hat / hatte und auf deren Erfüllung man immer noch wartet. - „Where ist the prince? (…) Where are the brave, helping the poor? (…) My happy end?“ fragt sich Alev.

Mal ruhig, mal rockig und ab und zu fast numetalig, immer mit einer ausdrucksstarken Stimmt, die sowohl balladenhafte Passagen, als auch druckvolle Rocksongs stilsicher bewältigt.

Das Album wurde von Gitarrist Marc Patrick Fleischer und Bassist Martin Fahrholz (u.a. Emil Bulls) produziert und vereint alle musikalischen Elemente der Band. Die Münchner sind schwer in eine Schublade zu stecken, irgendwo zwischen Rock und Metal mit wütenden, teils schweren Gitarrenriffs und popigen, melancholischen Balladen. Eingängige Refrains und abwechslungsreiche Harmonien, weit entfernt der gängigen Klischees.

„We Live In Paradise“ ist ein tolles Album einer viel versprechenden, jungen Band. Eine echte Freude zwischen dem ganzen Einheitsbrei und dazu noch ein echtes Schnäppchen - für 11,99 bei dem Plattendealers eures Vertrauens zu haben!

Verena Kuhn