Reviews

Kiske

Label: Frontiers Records (2006)

Wir alle wissen, dass sich Michael Kiske in den letzten Jahren das Leben zum Teil unnötig selbst schwer gemacht hat. Dass er immer noch ein Problem mit seinem schwermetallischen Erbe hat und sich seine Wertvorstellungen in der letzten Dekade anscheinend grundlegend verändert haben sei hier nur neutral und einleitend angemerkt. Wer also einen Aufguss von „Keeper...“ sucht oder einen Verriss (aus Prinzip) lesen möchte, der geht bitte zur nächsten Kritik über. Beides wird hier nicht bedient.

Zunächst muss man wissen, dass „Kiske“ sehr stressfrei von Michael Kiske zusammen mit ein paar (nicht ganz so prominenten) Freunden eingespielt worden ist. Das hört man seiner dritten Soloplatte auch sehr genau an. Riffattacken sucht man völlig vergeblich. Das Hauptaugenmerk liegt auf zum Teil sehr fragilen Melodiebögen, die durch eine sehr gefühlvolle Gitarrenarbeit schön ergänzt werden. Dabei klingen die Gitarren zumeist nach Telecaster, wodurch ich mich häufig an Tom Petty und seine Herzensbrecher erinnert fühle, ein Eindruck, der nur dadurch gemildert wird, dass Kiske nicht so schön nuschelt und vor allem nicht nach Polypen klingt.

Ob ich der Beschreibung der Plattenfirma, dass es sich um melodischen Poprock handle nur bedingt folgen würde. Mir fallen eher Singer / Songwriter der amerikanischen Prägung mit leichtem Rock-Touch ein. Vor allem 'Knew I Would' versprüht so schöne Roots-Rock Vibrations, dass man glaubt hinterm nächsten Eck käme John Fogerty hervorgesprungen.

Die ruhigen Töne überwiegen also deutlich. Wen das nicht schreckt, und wer nicht der Meinung ist, dass die Formel: Tempo + Lautstärke = gute Musik richtig ist, der kann auf „Kiske“ einige erstaunliche Melodien und Harmonien entdecken. Fazit: Solange Michael Kiske gute Songs schreiben kann ist mir deren Genre schnurzegal. Basta!

Frank Scheuermann