Reviews

10 x 10

Label: Nuclear Blast (2002)

Zum 10jährigen Bandjubiläum - wer hätte es anders erwartet - kamen auch Illuminate die Gedanken, das ganze mit einer Art Best-Of-Album zu feiern. Nicht wirklich eine Neuerfindung, hat doch schon fast jede auf dem Markt auch nur irgendwie anwesende (und sei es auch schon scheintote) Band schon zuvor dieselben Gedankengänge gehabt. Also was tun? Meiner Meinung nach hat sich da Johannes Berthold genau die richtigen Gedanken gemacht: einfach mal ein besonderes Best-Of-Kunstwerk zu kreieren. Was herauskam lässt sich nun wirklich nicht verachten: Zwei CDs (Schwarz und Weiß) mit Neuauflagen alter Stücke sowie weitaus hörenswerte Neukreationen. Schon die beiden textlich identischen Intros, vom Synchronsprecher Anthony Hopkins alias Hannibal Lecter gesprochen und mit zu jeweils zu der CD passender Melodie unterlegt, führen einen ein in die Welt voller Träume, Gefühle, Glück sowie grenzenlosem Seelenschmerz. Jede der CDs hat einen eigenen Stil, vielleicht als eine Art Wechselspiel zwischen Gut und Böse zu verstehen…
Einerseits die düsteren, harten, Metal-nahen, schwarzen Seiten, eben welche einen Teil der Bandgeschichte im musikalischen Hintergrund der Band einnahmen. In „10x10 in Black“ wird eben dies herausgearbeitet, ein hervorragendes Beispiel hierfür ist ‚Der Torweg’ - altbekannt als melancholisch und düster -, der nun mit wütendem Bass, Double Bass und sonst noch allen Härtigkeiten die das Studio so bot. Mehr als nur hörenswert, der von bisherigen Alben eher in derartiger Stärke ferngehaltener Rhythmus zwingt einen geradewegs zum ´mitrocken´. Ein anderes Extrembeispiel einer vollkommen gelungenen Stilerweiterung ist ‚Du liebst mich nicht!’, ein perfektes Wechselspiel von Bass, harten Gitarrenklängen und wütend verzerrten Elektroeinheiten sowie melancholischem und Melodiereichem Flügel - einfach perfekt! Selbst der Text des frisch aus Bertholds Feder gesprungenen Werks steht in der langen Reihe der Melancholie, Romantik und hoffnungsloser Verlorenheit als etwas eindeutig Eigenes da. Der Hass ist unüberhörbar sowie die schon in der Melodie eindeutig erkennbare Härte und Klarheit. Um das ganz besondere abzurunden stieg sogar Laszlo Wolbert - welcher schon für Herbert Grönemeyer das goldene Blech erklingen ließ - mit ins Boot. Auch wenn das Saxophon im Bereich des Gothics wenig bis kaum Verwendung findet ist die neue Idee wirklich nicht zu verachten und gibt dem Klang eine ganz neue Perspektive. Das neu entstandene Album ist wirklich mal was Anderes und durch und durch zu empfehlen - nicht nur für den Gothic- Sektor sondern auch für Liebhaber des etwas härteren!

„10x10 in White“ hingegen schildert die ganz anderen Facetten der Vergangenheit. Das musikalische Bild ist von verträumter Leidenschaft bis Depression geprägt, eine Einheit von Sanftmut und Zerbrechlichkeit. Sehnsuchtsvolles Verlangen und liebevolle Berührungen prägen dieses Bild. Im Vergleich zu den Vorgängeralben Illuminates keine wirkliche Neuerfindung, jedoch dennoch durchaus nicht zu verachten. Wie bei „10x10 in Black“ sind die Stücke ebenfalls alle neu eingespielt, darunter auch wieder einige Neukreationen. Eine weitgehende stilistische Veränderung ist ihnen jedoch abzusprechen. ‚Stern der Ungeborenen’, zum Beispiel, hat sich im Vergleich zum Original kaum verändert, dem Stück ist lediglich eine geringe Erneuerung zuzusprechen. Einen Phantastischen Ausklang bildet das neue Lied ‚Kein Lächeln mehr’, von altbekannt hoher Frauenstimme und monströsem Flügel begleitet bildet alles mit der Stimme Bertholds und den im Hintergrund gehaltenen Streichern eine Einheit. Die Perfektion dieses musikalischen Stimmungsbildes voller umgarnender Schönheit bildet die tiefe, alles durchdringende französische Stimme des Vampirs des eigenen Herzens, der es wirklich schafft einen umgarnend ins Reich der Untoten zu ziehen ohne das man auch nur annähernd Widerstand leisten will - oder kann. Allein die Neuaufnahmen sind es schon wert, sich diese CD anzueignen; für jeden, der noch nicht in den Geschmack Illuminates oder der neu eingespielten Stücke kam, ein eindeutiges Muss!

Wie sagt Hannibal so schön: „Hinfort, du kalte Nacht des Seins! Lasst Eisgang brechen los und Feuer heiß, und folgt dem ew’gen Lied zum Licht im Eis: Illuminate!“

Arwén Weber