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Sound + Vision

Label: EMI Music (1990/2014)

In der Welt des Rock gehört der Brite David Bowie mit großer Sicherheit zu den wichtigsten Musikern der letzten 45 Jahre. Seine musikalischen Meilensteine sind ebenso Legende, wie seine künstlerischen und ästhetischen Verwandlungen. Angefangen bei seiner ersten Soloplatte 1967, auf der größtenteils harmloser Flower Power Pop und ein wenig Humoreskes zu hören war ("The Laughing Gnome", "Please Mr. Grave Digger"), über seine Hippyphase ("Space Oddity"), seine Proto-Metal-Experimente ("The Man Who Sold The World"), dann die Verwandlung zum Glamrocker ("Ziggy Stardust"), Protopunk ("Diamond Dogs"), Blue Eyed Soul ("Young Americans"), Elektronikpionier ("Low", "Heroes"), Dancefloorexperte ("Let's Dance", "Tonight") und seine Hinwendung zu Techno meets Metal ("Outside", "Earthling"), schließlich die Symbiose all dieser Stile seit den späten 90er Jahre in altersreifen Werken wie "Hours" oder "The Next Day".

Keine moderne Musikrichtung kann in Kenntnis der Tatsachen behaupten, NICHT von David Bowie in der einen oder anderen Art beeinflusst zu sein. Nun wird dieser Tage seine vier CDs umfassende Werkschau "Sound + Vision" wiederveröffentlicht, die es so in dieser Form erstmals 2003 zu erwerben gab. Sie berücksichtigt alle Schaffensphasen bis dahin in angemessener Form und lässt für seine "klassischen Jahre" fast keine Wünsche offen. Natürlich hätte ich mir ein Heavy Monster wie "Width Of A Circle" gewünscht, das wie Black Sabbath auf LSD klingt, aber mit seinen fast zehn Minuten hätte es wohl den Rahmen gesprengt. 

Jetzt bleibt abzuwarten, ob sich auch einmal eine Plattenfirma an sein etwas schwerer verdauliches Material aus den 90er Jahren heran traut, wo Jazz/Drum'n'Bass Experimente genauso verarbeitet wurden wie wüste Garagengitarrenrockorgien ("Tin Machine"). Ich jedenfalls freue mich über diese schön aufgemachte Box, die in ihrem handlichen Format locker ins Auto passt und somit dem 1990er Original in LP-Format zumindest einen praktischen Vorteil hat, auch wenn das Booklet nicht halb so schön anzuschauen ist wie damals.

Eine großartige Werkschau eines wahren Ausnahmekünstlers!

Frank Scheuermann

10/10