Reviews

Live Tapes

Label: Esoteric Recordings (1977/2009)

Und noch einmal Barclay James Harvest..."Live Tapes" war die zweite offizielle Liveplatte der britischen Symphonic Rocker (wenn man die erst später veröffentlichten BBC Tapes von 1972 außen vor lässt). Die Songs wurden bei zwei Tourneen in den Jahren 1976 und 1977 mitgeschnitten und sollten als Ergänzung zur drei Jahre zuvor nur in England erschienenen Platte "Live" gesehen werden. Daher wurde bei der Setlist auch peinlich darauf geachtet, dass es zu keinen Überschneidungen kam. Auch wenn mir persönlich "Live" einen Tick besser gefällt als "Live Tapes", so kann man nicht umhin festzustellen, dass Barclay James Harvest damals auf einer Welle künstlerischen wie kommerziellen Erfolgs schwammen. Sie waren damals gerade zu Dauergästen in den deutschen Charts avanciert und hatten mit 'Hymn' einen Riesenhit zu verbuchen, der vor allem bei Konfirmandenfreizeiten bis heute am Lagerfeuer zu Tode geträllert wird. Die Setlist setzt sich vor allem aus Songs der Alben "Octoberon" (großartig!), "Down To Earth" und "Time Honoured Ghosts" zusammen. Auch die Selbstironie, mit der man damals zur Sache ging ist beachtlich. Kritiker verglichen BJH immer mit der Hartz IV-Ausgabe der Moody Blues. Diesen Vorwurf  konterte man geschickt, indem man deren größten Hit 'Nights In White Satin' minimal abwandelte und unter dem Titel 'Poor Man's Moody Blues' erneut auf die Menschheit losließ! Für soviel Humor alleine gehören die Jungs in den Rockhimmel!

Die neue CD Ausgabe, die wie üblich bei Esoteric Recording mit grandiosem Artwork und tollen Liner Notes aufwartet, wurde um drei Bonustracks mit einer Gesamtspielzeit von ca. 20 (!) Minuten erweitert. Vor allem die längeren Mellotronpassagen von Woolly Wolstenholme, der bald darauf frustriert das Handtuch warf, weil die Band sich immer weiter in Richtung Softrock und AOR amerikanischer Prägung entwickelte (und der erst vor kurzem zu John Lee's Version von BJH zurückgekehrt ist!), lassen erahnen, wie gut die Band damals wirklich war. Auch klanglich hat die Platte durch das Remastering deutlich gewonnen.

Frank Scheuermann






Musicload