Reviews

Live In Despair

Label: Al!ve (2006)

Chuck Schuldiner (Death), Martin Van Drunen (ex-Pestilence / Asphyx / Comecon / Bolt Thrower) und die komplette Mannschaft von Death spielen in einer Band. So oder ähnlich könnte das Review dieser mir bislang völlig unbekannten deutschen Truppe Stigmatized ausfallen. Das wäre allerdings ziemlich kurz und furchtbar langweilig, deswegen lasst mich den Text mit folgenden Worten beginnen:

Was für ein verflucht abartiges, nackenzerstörendes Brett! Laßt mich noch weiter gehen und behaupten: „Stitmatized könnten das brach liegende Erbe von Death antreten, und zwar jetzt, sofort!“ Hier stimmt wirklich alles! Die Songs sind technisch dermaßen anspruchsvoll, dass selbst Meister Schuldiner grinsend aus seinem Grab lugt und Freude daran hätte, mit dieser Bande eine Jam-Session einzulegen. Und genau wie beim leider verstorbenen Großmeister halten sich auch hier spielerisches Können und Eingängigkeit die Waage. Bedeutet im Klartext: die Songs sind angenehm verfrickelt, bleiben aber dennoch im Ohr hängen und animieren zum gemeinsamen Mitbangen. Dazu hat man mit Sänger Michael einen „Sänger“, der es locker mit der Brutalität und Einzigartigkeit eines Martin Van Drunen aufnehmen kann, bei Bedarf aber auch mühelos die Tiefe eines Chris Barnes zu Cannibal Corpse-Zeiten erreicht.

Als Dauernörgler könnte man nun dagegenhalten und behaupten, dass Stigmatized nun schon seit 11 Jahren existieren, so dass man genügend Zeit hatte, an den Songs zu feilen. Mag vielleicht sein, trotzdem klingt jeder der 10 Tracks über alle Maßen frisch und professionell. Darüberhinaus kann man ein Debüt vorweisen, für das manch andere alteingesessene Bands sich mehrere Finger abschneiden würden. Es ist tatsächlich unmöglich, einzelne Songs raus zu picken, vielmehr schreit „Live In Despair“ nach ganzen Hördurchgängen. Am besten noch in mehrmaliger Dauerrotation, um versteckte Details ausfindig zu machen. Seien dies kleine Akustikparts, melodische Soli, stimmige Tempowechsel oder einfach verrückte Fingerbrech-Aktionen (man höre beispielsweise „Mind Control“, in dem all dies in gebündelter Form auftritt).

Wie schon erwähnt, reden wir hier von einem Debüt. Sollte diese Klasse beibehalten werden, wage ich mir überhaupt nicht vorzustellen, wie ein zukünftiges Zweitwerk ausfallen wird! Mal gespannt, wann ein Label wie Nuclear Blast anfragt und Stigmatized zu dem macht, was sie jetzt schon sind: der einzig würdige Nachfolger von Death!

Michael Meyer