Im Rahmen ihrer Tour mit Blind Guardian gastierten Freedom Call auch in Langen. Drummer Daniel Zimmermann war so freundlich, uns vor dem Gig einige Fragen zu beantworten...
Ihr wolltet eigentlich eine Headlinertour machen, Support für Blind Guardian ist aber auch nicht schlecht, oder?
Auf jeden Fall, dass bringt uns noch mal weiter nach vorne, weil auch sehr viele Leute da sein werden. Wir haben wegen der Headlinertour mit einigen Leuten gesprochen und sind zu dem Entschluss gekommen, dass es nicht schaden kann, noch mal als Support mitzukommen, zumal man nicht alle Tage die Chance bekommt, dies mit Blind Guardian zu tun. Die ziehen natürlich ne Menge Leute, was uns auch wieder zugute kommt. Wir werden wahrscheinlich im Herbst noch eine Tour als Headliner machen, geplant ist eine kleinere Clubtour.
Blind Guardian ist ja nicht der erste prominente Headliner, mit dem ihr auf Tour seid. Bei Hammerfall waren die Hallen bestimmt auch gut gefüllt....
Ja klar, es ist halt so: Wenn Du Dich als Band noch im Aufbau befindest und live spielen willst, solltest Du dir natürlich Acts suchen, die viele Leute ziehen, dass ist das A und O. Voraussetzung ist natürlich, dass Du gut spielst, dass spricht sich dann auch herum. Auf die Presse kann man sich in der Hinsicht nicht unbedingt verlassen. Es passiert vielleicht einmal in 5 Jahren, dass eine Band von denen derart hochgejubelt wird, dass sie gleich als Headliner auf Tour gehen kann, wie es bei Hammerfall der Fall war. Meiner Meinung nach ist der bessere Weg der langsamere, weil man sich dadurch auch ständig weiter entwickelt.
Wenn wir gerade bei prominenten Acts sind: Ist es für euch einfacher, mit solchen Bands zu touren, weil du durch Gamma Ray auch bestimmte Kontakte hast?
Bei Hammerfall war es auf jeden Fall so. Als im Gespräch war, dass die auf Tour gehen wollen, hab ich gleich bei den Verantwortlichen vorgefühlt nach dem Motto: Wir würden auch gern mitkommen. Letztlich hat es auch geholfen, ich kenn Hammerfall ganz gut, hab auch persönlichen Kontakt zu Joacim und Oscar. Wir haben dann ein paar CDs rübergeschickt, die sie sich mal anhören sollten. Warum sollte man seine Kontakte auch nicht nutzen? Sie hätten sich auch für ne andere Band entscheiden können, Nocturnal Rites waren damals auch im Gespräch. Wir haben aber zum Glück dann das Rennen gemacht.
Wie kam der Kontakt mit Blind Guardian zustande?
Das ging über Charlie Bauerfeind. Er hat sowohl unsere ersten beiden Alben als auch die “Nightfall In Middle Earth“ von Guardian produziert, saß also sozusagen direkt an der Quelle. Er hat uns gefragt, ob wir Interesse haben, mitzukommen und den Rest dann in die Wege geleitet.
Ihr seid erst seit 4 Tagen auf Tour, trotzdem die Frage: Euer Eindruck bisher?
Überraschend gut bisher. Mir ist vorher von vielen Leuten gesagt worden, dass wird nicht einfach, weil das Publikum doch sehr auf Blind Guardian fixiert sei und wir uns schon mächtig ins Zeug legen müssten. Bis jetzt läuft alles super, was mich natürlich auch sehr freut. Auch die neuen Songs kommen sehr gut an, obwohl die Leute sie nicht kennen. Wir stellen auf dieser Tour 4 Songs unseres neuen Albums “Eternity“ vor. Da wir auch ein Livealbum mitschneiden, spielen wir abwechselnd 2 Setlists, mit jeweils 2 neuen Stücken.
Bei Blind Guardian fragt sich jeder, wie sie das alles live umsetzen wollen, bei euch gibt's ja durch eure starken Chorelemente das gleiche Problem. Wie geht ihr das an?
Wir sehen das so: Bei uns kommt nichts vom Band. Wir singen alle, außer unserem Keyboarder, der wurde erst kurz vor der Tour eingespielt. Live hat das Ganze natürlich andere Qualitäten als auf dem Album, vor allem die Gitarren stehen mehr im Vordergrund. Auf der Platte hat man natürlich mehr Spielraum, kann hier und da noch einen Sound einbauen, dass ist live nicht möglich. Dafür bieten wir ein anderes Arrangement an. Solange die Songs nicht vollkommen verändert werden ist das OK, die wichtigen Elemente sind alle mit drin. Ich halte sowieso nicht so viel davon, alles vom Band laufen zu lassen, dadurch schleicht sich eine gewisse Bequemlichkeit ein. Es kommt dann immer mehr vom Band, erst die Keyboards, dann der Gesang, dass wollen wir einfach nicht.
Spielt euer Keyboarder nur auf der Tour oder gehört er nun zum festen Line-Up?
Nein, er gehört nicht fest zur Band. Bei unserer letzten Tour hat Ferdy Doernberg für uns gespielt, der hatte aber diesmal schon für die Axel Rudi Pell Tour zugesagt. Das ist aber auch kein großes Problem, wir haben 2, 3 Keyboarder, die das Programm drauf haben, von daher wechselt das immer.
Kommen wir auf euer neues Album zu sprechen. Was kannst du uns verraten?
Wie schon gesagt, die Scheibe heißt “Eternity“ und wird am 3. Juni erscheinen. Es ist ein typisches Freedom Call Album, wir haben nichts dramatisch Neues gemacht. Wir haben diesmal eine Ballade draufgepackt, ein Song im 'Quest' Stil, ein Akustikstück und natürlich auch einige schnellere Tracks. Wir können uns nun mal nicht verbiegen, sondern spielen das was wir können.
Ihr habt das Stück 'Hiroshima' von Wishful Thinking gecovert. Ich kenne den Song nicht, aber wie seid ihr darauf gekommen?
Den hab ich in unserer Stammkneipe 'Zum Elefanten' gehört. Das ist so ne Uraltkneipe bei uns im Eck, da steht auch ne Musikbox. Ich hab dort den Song von Sandra gehört in einer Rap-Version. Ich wusste aber, dass der nicht von Ihr ist und hab ein bisschen nachgeforscht. Als ich dann das Original hatte, hab ich sofort gesagt, den covern wir, weil er nicht mehr aus dem Ohr raus ging. Aber der Song kommt gar nicht mehr auf das neue Album mit drauf. Sollte erst als Bonustrack mit auf die Japanversion, dass wurde aber auch wieder verworfen. Mal schauen, vielleicht packen wir ihn auf das Livealbum.
Warum habt ihr das Album diesmal selbst produziert?
Charlie Bauerfeind hatte schlicht und ergreifend keine Zeit. Er ist im Moment mit sehr vielen Projekten beschäftigt, deshalb wurde das Album von Chris und mir produziert.
Charlie hat ja auch die neue Scheibe von Rage produziert, die waren ebenfalls von ihm begeistert. Wie ist das, mit ihm zusammen zu arbeiten?
Charlie verlangt sehr viel. Im Voraus wird erst mal ein Produktionskonzept erstellt, d.h. soll es progressiv werden, heavy usw., dieses Konzept zieht er dann auch durch. Wenn ihm was nicht gefällt, scheut er sich auch nicht, dass Band ständig anzuhalten. Er ist ein freundlicher, aber auch bestimmter Mensch und weiß genau was er will. Er kann seine Vorstellungen sehr gut vermitteln, es ist ein angenehmes Arbeiten mit Ihm. Zudem hat er früher selbst Schlagzeug gespielt, hat viel Ahnung von der Rhythmik, ein harmonisches Gehör und kann gut arrangieren. Er steht Dir mit Rat und Tat zur Seite und ist nicht drauf aus, Dir seinen Stil aufzuzwängen, sondern lässt Dich auch Dein eigenes Ding machen. Es hat schon seinen Grund, warum er so gefragt ist.
Du spielst auch noch bei Gamma Ray. Wie bringst du beides unter einen Hut?
Es ist schon stressig, vor allem die Pendelei zwischen Nürnberg und Hamburg. Wenn meine Freedom Call Sachen abgeschlossen sind, ruft meistens Kai schon wieder an und meint, wir müssen proben. Aber ich wollte das so haben, mir war im vorneherein bewusst, dass es heftig wird. Es passiert zwar sehr viel mit Gamma Ray aber wir machen auch große Pausen, weil Kai immer sehr lange in Urlaub geht. Er hat auch viel zu tun, produziert zurzeit gerade eine Band namens Storm Warrior. Von daher kann man die Zeit dazwischen auch nutzen, etwas anderes zu machen.
Du hast mal einen Gig in Stuttgart gespielt, bei dem du sowohl für Gamma Ray als auch für Freedom Call getrommelt hast. Wie steckst du das weg?
Das geht schon, wenn Du erst mal warm bist, hast Du auch keine Probleme. Freedom Call hat damals nach Vanishing Point gespielt, danach hatte ich 1 ½ Stunden Pause. Wenn wir früher in Coverbands Sachen von Slayer oder Metallica gespielt haben, waren das teilweise 5 Stunden am Stück mit 50 Songs. Wenn Du das durchstehst, dann machen Dir auch 2 Stunden Metal nichts aus.
Freedom Call wurde ja von dir und Chris gegründet. Schreibt ihr die Songs alleine oder lasst ihr die anderen beiden auch dazu beitragen?
Die ersten 2 Scheiben wurden hauptsächlich von uns beiden geschrieben. Für “Eternity“ hat sich Ilker diesmal auch eingebracht, ein Song haben wir zu dritt geschrieben. Er befindet sich aber in dieser Richtung mehr im Anfangsstadium und muss noch einen Weg finden, sich stärker einzubringen. Bei Cede muss man abwarten. Als er zu uns kam, waren die Songs für das neue Album schon geschrieben. Mit ihm werden wir dann bei der vierten Scheibe angreifen, denn er hat auch gute Songideen.
Cede ist für Sascha Gerster eingesprungen. Warum hat er euch verlassen?
Sascha hat uns nach der Hammerfall Tour gesagt, dass er seine eigene Band haben möchte und will etwas in Richtung Grunge oder Pop machen. Man muss dazu sagen, er ist ein junger und sehr talentierter Musiker, aber er ist heute so und morgen so. Er muss seine Erfahrungen machen, dass steht ihm auch zu. Ich habe früher auch nur gemetallt bis mir mein Lehrer gesagt hat, dass es auch noch so was wie Jazz gibt. Ich hab mir dann eingeredet, dass gut finden zu müssen, war aber letztlich nicht mein Ding. Ich kann Saschas Entscheidung ein bisschen nachvollziehen, es ist schade, dass er gegangen ist. Aber irgendwann hört man dann auch auf, nachzuhaken, weil es einfach keinen Sinn mehr macht.
Letzte Frage: Gibt's irgendwas Lustiges, was dir von deinen Livegigs in Erinnerung geblieben ist?
Und ob. Das war bei unserem ersten Konzert auf der Tour mit Angra. Ich hab mich vor die Drums gesetzt und schlag zum ersten Mal drauf, da klappt mein Stuhl hinten über, da er ziemlich wackelig auf einem 2 Meter hohen Podest stand. Ich konnt mich grad noch an der Bass-Drum festhalten, sonst wär's bergab gegangen. So hab ich dann anfangs im Stehen gespielt, bis dann endlich jemand kam und mir geholfen hat. Das war eine Erfahrung...
Okay, vielen Dank für das Interview Daniel und viel Glück weiterhin mit Freedom Call und Gamma Ray!
Oliver Bender